Nun dauert es nicht mehr lange, denn am 15. August wird die Longlist des Deutschen Buchpreises bekanntgegeben. Höchste Zeit, den Blick auf einige Romane zu werfen, die es auf die Longlist schaffen könnten.
Da wäre zum einen “Was man von hier aus sehen kann” von Mariana Leky (Dumont) zu nennen. Bereits 2011 stand Leky mit “Die Herrenausstatterin” auf der Longlist. Ihr aktueller Roman ist in aller Munde, es finden sich allerorten begeisterte Besprechungen, zum Beispiel bei Literaturen und beim NDR. Die Herrenausstatterin habe ich nun direkt im Anschluss gelesen – meiner Meinung nach hat Leky mit ihrem neuen Roman nochmal eine ordentliche Schippe draufgelegt. Ihre Chancen auf die Longlist? Ausgezeichnet!
Ebenfalls eine Wiederkehrerin wäre Anke Stelling mit “Fürsorge” (Verbrecher Verlag). Bodentiefe Fenster (Longlist 2015) habe ich mit diebischem Vergnügen und manchmal leicht ertappt gelesen. Fürsorge hingegen schockt auf ganz andere Weise, wenn Stelling auslotet, wieviele Spielarten Beziehungen und Körper zueinander finden können, wenn sie eine Mutter und einen Sohn miteinander “spielen” lässt. Ein gutes Beispiel dafür, was Literatur kann, an vermeintlich festen Mauern rütteln und uns anschaulich zeigen, was alles sein könnte, wenn. Mit Sicherheit kein leichter Roman, der mit hoher Wahrscheinlichkeit oft aneckt– aber vielleicht gerade deswegen genau richtig auf der Longlist?
In Keinland von Jana Hensel (Wallstein) wird uns eine Liebesgeschichte erzählt und gleichzeitig ist es eine tiefe Auseinandersetzung mit dem eigenen Land, mit Heimat und Identität. Die deutsche und die israelische Geschichte prallen hier aufeinander, es gibt vielerei Land und doch scheint es keines zu geben, in dem alles passt, alles stimmen und möglich werden kann. In den letzten Jahren fanden sich auf der Longlist immer wieder Bücher, die sich intensiv mit der deutschen Vergangenheit auseinandersetzten – hier würde sich Jana Hensel sehr gut einfügen.
Susann Pásztor hat mit “Und dann steht einer auf und öffnet das Fenster” (Kiwi) einen der berührendsten Romane über das Leben und das Sterben überhaupt veröffentlicht. Einen, der nicht loslässt, der eine verdammt gute Geschichte erzählt und uns alle einmal innehalten lässt, in unserem wuseligen und vollgestopften Leben. Und was würde man sich mehr auf der Longlist wünschen, als Bücher, die uns lange im Gedächtnis bleiben? Eben!
Last but not least hat Julia Wolf mit “Walter Nowak bleibt liegen“ (FVA) wohl einen der besten Romane des Frühjahres geschrieben. Ihre pointierte Beobachtung des Walter Nowak hat viele Leserinnen und Leser begeistert, ihr temporeicher Stil dem Buch das gewisse Etwas verliehen. Wer den Roman noch nicht kennt, dem sei die Besprechung von lustauflesen.de ans Herz gelegt. Meine Hoffnung ist groß, dass die Jury das alles ganz genauso sieht – beim Bachmannpreis gewann Julia Wolf jedenfalls schon den den 3Sat-Preis.
Sicherlich gibt es noch einige mehr, die hier zu nennen wären. Ebenfalls gute Chancen auf einen Platz auf der Longlist könnten auch die folgenden Titel haben:
Alles über Beziehungen von Doris Knecht (2011 bereits auf der Longlist) (Rowohlt)
Kirio von Anne Weber (S.Fischer)
Gott ist nicht schüchtern von Olga Grjasnowa (2012 bereits auf der Longlist) (Aufbau)
Leere Herzen von Juli Zeh (erscheint im November 2017. Für mich war das Fehlen von “Unterleuten” auf der Longlist 2016 die größte Überraschung und Enttäuschung…) (Luchterhand)
Ellbogen von Fatma Aydemir (Hanser)
Chaya von Kathy Zarnegin (weissbooks)
Sommerkind von Monika Held (Eichborn)
Wie jedes Jahr – es bleibt spannend!
Und dann steht einer auf und öffnet das Fenster – ein großartiges Buch. Das würde ich auch gerne auf der Shortlist sehen. Und dem Okapi folge ich gerade. Bin gespannt! LG, Bri