Njunjul – Meme McDonald/Boori Monty Pryor

Hier handelt es sich nicht nur um die Entdeckung eines Jugendbuches, sondern gleichzeitig ist damit der Baobab Books Verlag in meinen Fokus gerückt. Ein kleines und ausgewähltes Programm, mit geübtem Blick für das Besondere. Wir finden einen Jugendlichen vor, der fernab der Disneyglitzerwelt seinen Weg macht, dabei stolpert und sich verliert – und trotzdem versucht, seine Identität (auch) als Aborigine zu finden. Ein spannendes Thema und meiner Meinung nach durchaus ein Jugendbuch was sich als Schullektüre eignen würde.

Ungeschliffener Diamant – Alice Pung

Ein Buch aus dem wunderbaren edition.fünf-Verlag, den ich allein für seine Buchgestaltung einfach gernhabe. Und diese Geschichte einer Auswanderung, eines Neubeginns – aber auch einer inneren Zerissenheit zwischen China und Australien – das liest sich packend, aufwühlend und intensiv. Eine Familie, die versucht Fuß zu fassen, die einen verhaftet in die alten Traditionen, die ihnen scheinbare Stabilität versprechen, die anderen auf dem Weg zu neuen Ufern, zutiefst verunsichert, ob sie wirklich fähig dazu sind. Ein faszinierender Roman!

Jetzt – Morris Gleitzman

Nachdem ich zu den beiden Vorgängerbänden soviel schrieb, weil sie mich dermaßen beeindruckt haben, war ich ein wenig erstaunt, das dieser dritte Band in der Jetzt-Zeit spielen sollte, noch dazu weder in Deutschland, noch in Polen, sondern in Australien. Das tut meiner Begeisterung aber keinen Abbruch, im Gegenteil: Felix ist erwachsen geworden, er hat sich in Australien ein neues Leben aufgebaut. Gleitzman schafft es, Erinnerungen und die prägenden Erlebnisse in Felix’ Leben mit den heutigen Ereignissen in Australien (Stichwort Buschfeuer) in Verbindung zu bringen – und mit den Sorgen und Nöten seiner Enkelin, die Zelda heisst…damit hat er für mich nicht nur einen überzeugenden Bogen geschlagen und eine ungewöhnliche Perspektive eingenommen sondern mich auch nochmal mehr sensibilisiert, für alles, was heute noch und wieder passiert. Also: gehört definitiv auch in eine Liga mit „Einmal“ und „Dann“.

Nur eine Ohrfeige – Christos Tsiolkas

Im Englischen lautet der Titel ein wenig passender “The Slap“. Ausgehend von dieser Ohrfeige die ein kleines Kind auf einem Barbecue unter Freunden bekommt (allerdings nicht von den Eltern) entfaltet sich anhand von 8 Episoden ein Blick auf  die unterschiedlichen Lebensentwürfe der Freunde – und vorallem ein Blick hinter die Fassade, hinter der es bei allen nicht halb so gut aussieht, wie sie vorgeben… Und anhand der Ohrfeige stellt sich die Frage: wofür stehen die Freunde? Wer hält zu wem? Welche Moral wird vertreten – und was kann man für sich selbst verantworten? Ein buntes Kaleidoskop an menschlichen Regungen, ein ziemlicher tiefer Sumpf an Vergehen, Übertretungen und Emotionen – Tsiolkas hat nicht gespart, er lotet mit einem gewissen Genuß die Untiefen aus, in die seine Figuren sich unaufhaltsam hineinmanövrieren. Das liest sich spannend, unterhaltsam, die Sprache ist manchmal derb aber wirkt nie aufgesetzt. In Australien war das Buch ein großer Erfolg und wurde für ABC TV verfilmt – kein Wunder, der Stoff überzeugt!

Two Weeks with the queen – Morris Gleitzman

Ein dünnes Jugendbuch über 2 ungleiche Brüder. Als der jüngere Bruder schwer erkrankt, schicken die Eltern den älteren, um ihm die harten Zeiten am Sterbebett zu ersparen, von Australien nach Großbritannien, zu Verwandten. Sein Bruder muss wieder gesund werden, hämmert es in seinem Kopf – was liegt da näher, als die Queen zu bitten, ihre besten Ärzte zu mobilisieren? Nur das so ein Rankommen an die Royales sich deutlich schwerer gestaltet als geplant… Der Titel lässt zunächst das offensichtliche vermuten, nach und nach entfaltet sich aber noch eine ganz andere Geschichte innerhalb der Geschichte. Ein bisschen ratlos bin ich – das Buch war schnell gelesen, aber die ein oder andere Handlung lief mir zunächst zuwider. Vielleicht hat Gleitzman das zeigen wollen – das nicht jede getroffene Entscheidung unbedingt die richtige ist oder auch sein muss, wenn man nur die Courage hat, am Ende auf sein Herz zu hören.

Town: Irgendwo in Australien – James Roy

Nominiert für den deutschen Jugendliteraturpreis 2011, spielt in Australien, erschienen bei Gerstenberg  – sprich, ich musste es haben. Und meine Erwartungen wurden nicht enttäuscht! Was mir an diesem Querschnitt aus dem Leben von 13 Jugendlichen die in der gleichen Kleinstadt aufwachsen so gut gefiel war das es verdammt ehrlich wirkte. Manche Einblicke waren miteinander verwoben, manche Handlungsfäden wurden auch nicht aufgeklärt. So entsteht aber ein ganz besonderes Geflecht einer Erzählung darüber, wie schwierig, großartig und spannend es sein kann, in der heutigen Zeit erwachsen zu werden. Speziell der Aspekt des “Es ist nicht alles unbedingt so, wie es scheint” und das der erste Eindruck oft doch täuschen kann, ist meisterhaft eingefangen.

Nicht weit vom Stamm – Oliver Uschmann

Bekanntermaßen bin ich großer Oliver Uschmann Fan und war schon von “Das Gegenteil von oben” seinem ersten Ausflug ins Jugendbuch sehr angetan. Mit “Nicht weit vom Stamm” hat er das für mich aber nochmal deutlich übertroffen. Ich glaube dieser Mann geht mit absolut offenen Kanälen durchs Leben und zieht aus jedem noch so kleinen Ereignis Inspiration. Dieser Roman ist nur so gespickt mit tollen Ideen, noch dazu spannend, nimmt kein Blatt vor den Mund und macht auch nicht vor schwierigen Themen Halt.

Ich hätte sowas als Jugendlich unglaublich gerne gelesen, mir gefällt das Sven, der hier die Hauptfigur ist zwar seinen Weg findet, das aber kein bisschen gradlinig tut – Abstürze, Besäufnisse und Enttäuschungen sind hier an der Tagesordnung. Noch dazu rechnet Uschmann durchaus offen mit so einigen gesellschaftlichen Phänomenen ab. Und doch merkt man: das aus Sven etwas wird, liegt dem Autor am Herzen und er schreibt diesen Roman mit soviel Rumms und Glauben an Sven das ich beim Lesen einfach nur begeistert war. Daumen hoch!

Atem – Tim Winton

Man könnte das Buch kurz beschreiben indem man sagt: es ist ein Surfer-Roman. Das allein würde diesem Buch aber nicht gerecht. Es ist auch ein Buch über Freundschaften und Veränderungen. Ein Buch über den Kick, Adrenalin und die perfekte Welle. Wer selbst surft wird sicher noch mehr Facetten finden können, aber auch für Nicht-Surfer erzählt dieses Buch einiges über das Leben. Like!

Vatermord und andere Familienvergnügen – Steve Toltz

Was für ein Roman! Nicht nur das er ziemlich dick ist, nein, er ist auch wirklich ein beeindruckendes Debüt eines Australiers! Der gute Herr Toltz hat ein klasse Leben vor sich, wenn er so weiterschreibt. Dieser Roman hat alles – irrwitzige Ideen, eine Verbrecher-Geschichte in der nichts so ist, wie es auf den ersten (einfachen) Blick scheint, Vater-Sohn-Erlebnisse der ganz anderen Art und viel philosophischen und skurrilen Witz. Ich habe viel gelacht, den Kopf geschüttelt, habe das Buch ungern weggelegt. Der Autor wechselt zwischen einigen Erzählpassagen hin und her – zu meinen Lieblingen gehört definitiv der Anfang, der als Erzählung des Vaters an den jungen Sohn gestaltet ist, als er ihn darüber aufklärt, das sein Onkel einer der meistgesuchten Verbrecher Australiens war… Erfrischend und so voller Charme des unangespassten. Mich hat das Buch durchweg begeistert, auch wenn Toltz an einigen wenigen Stellen etwas in Nebenhandlungen abgleitet, so bereiten diese nur den Weg zum furiosen Finale und müssen im Nachhinein genau dort stehen. Ein Feuerwerk, das sich perfekt über 800 Seiten selbst abfackelt…;-)