Verdacht ist ein unheimlicher Nachbar – Louise Welsh

Was haben wir hier – einen Krimi, einen Roman? Endgültig kann ich das Buch nicht einordnen, wohl aber meinen Eindruck. Es geht unter die Haut, schraubt die Spannung geradezu aufreizend langsam hoch, während man selbst schon nicht mehr weiss – ist es Einbildung oder spüren wir auch wie uns die Bedrohung beim Lesen langsam Gänsehaut verursacht? Stark!

Untergetaucht: Eine junge Frau überlebt in Berlin 1940-1945 – Marie Jalowicz-Simon

Ein Zeugnis einer schwierigen, tödlichen und belastenden Zeit. Einer Zeit in der viele sich selbst die nächsten waren, in der gefälscht, betrogen, gelogen, gefleht, gebettelt, geprügelt, verletzt und getötet wurde. Hier konnte jeder Tag Tod oder Leben bringen. Eine Chronik der Flucht, des Untertauchens und des Versteckens.

Kleine Biester – Rob Alef

Quasi-Krieg auf dem Schulhof, erbitterter Kampf um Bildung und die begehrten Plätze am Gymnasium. Schauplatz ist Berlin und einige Protagonisten, deren Ehrgeiz schon deutlich ungesunde Züge angenommen hat – als Schüler verschwinden und tot aufgefunden werden, wird es für die Polizei Zeit zu handeln… Ein bissiger Krimi, der mit den Klischees rund um Helikopter-Eltern und Ansprüchen der heutigen Zeit klasse jongliert. Unterhaltsam und mit dem ein oder anderen Seitenhieb herrlich böse.

Everlasting: Der Mann der aus der Zeit fiel – Holly-Jane Rahlens

Das erste was an diesem Buch ins Auge sticht, ist das herrliche Pink des Covers, knallig und verspielt. Schnell merkt man aber, dass sich dieses Buch weder in ein Genre einordnen lässt, noch das man vorschnell ein Urteil fällen sollte – hier steckt viel drin und vorallem ist es ein echter All-Age-Titel und nicht nur Jugendliche sollten hier zugreifen!

Holly Jane-Rahlens beschreibt eine Zukunftsvision im Jahre 2264, in der Deutsch eine alte, tote Sprache darstellt, die von nur wenigen beherrscht wird. Die Menschen verständigen sich über eine Art Computer in ihren Köpfen, Schreiben ist eine altmodische Sache und wird kaum praktiziert. Als Finn, ein Historiker und Experte für Deutsch anfängt ein Teenie-Tagebuch einer gewissen Eliana zu übersetzen, welches Aufsschluss über die damalige Zeit geben soll und daraufhin zu einer gewagten Mission, in die Zeit zurück geschickt wird, landet er in Berlin – des 21. Jahrhunderts!

Rahlens schreibt gewohnt humorvoll, wird dabei aber nie oberflächlich oder flapsig, vielmehr lässt sie in leisen Tönen auch gesellschaftskritische Ansätze anklingen. Mit großem Vergnügen habe ich die Geschichte zwischen Finn und Eliana, verfolgt. Viel Sprachwitz steckt in den Wortspielereien und Erklärungen die ganz wunderbar mehrere Sprachen vereinen und von der Liebe der Autorin zum Wort zeugen. Ihre Freude am Detail zeigt sich auch in den Beschreibung der futuristischen Gesellschaft und den Schwierigkeiten, die Finn im ungewohnten Berlin meistern muss.  In diesem Roman findet sich eine Zukunftsvision, Romantik, eine ordentliche Portion Witz und eine spannende Geschichte, bei der man nicht aufhören will – ein toller Schmöker, den ich wirklich sehr gerne empfehle!

Rico, Oscar und der Diebstahlstein – Andreas Steinhöfel

So manchen Autor mag man einfach so sehr, das man richtiggehend leidet, wenn ein neues Buch auf sich warten lässt. Auf Andreas Steinhöfel und seine zwei Helden Rico und Oscar allerdings würde ich auch 10 Jahre warten, wenn er denn nur weiterschreibt. Diese zwei – hochbegabt und tieferbegabt – sind einfach absolut herrlich und ich versteige mich mal zu der Behauptung das die Reihe um diese beiden definitiv Klassiker-Status im Kinder und Jugendbuch erreichen wird. Wiedermal hat mich Steinhöfel begeistert, bezaubert, nachdenklich gemacht und das Buch wurde danach zärtlich zu seinen beiden Vorgängern in meine Steinhöfel-Ecke gestellt. Aus tiefstem Herzen – Danke und schreiben Sie weiter!

(Und ja, ich bin ganz knapp davor mein Autogramm von der Messe einzurahmen…)

Liebe ist ein hormonell bedingter Zustand – Jakob Hein

Dieses Buch macht Spaß! Warum? Nicht nur wegen der zwischen den Buchseiten fühlbaren Atmosphäre des damaligen Ost-Berlins. Sondern weil Jakob Hein die Geschichte schildert die wir alle kennen: der lange, steinige Weg zum Erwachsen-werden, die erste (unerwiderte Liebe), wie es ist, immer nur der beste Freund zu sein und dennoch ständig verliebt. Er erzählt das alles mit soviel Charme und Augenzwinkern, das man seinem Helden Sascha eigentlich nur auf die Schulter klopfen möchte und sagen „Junge, da mussten wir alle mal durch! Das geht vorbei!“ Danke Herr Hein, ich finde sie haben den Nagel auf den Kopf getroffen!

Mauerblümchen – Holly-Jane Rahlens

An einem gemütlichen Samstag Morgen hat dieses Buch mich fasziniert. Es erzählt (auch grafisch sehr schön aufgemacht, mit dem Streckennetz der Bahnen in Berlin) die Geschichte von Molly und Mick, die sich kurz nach dem Mauerfall in der Bahn kennenlernen. Mollys Eltern stammen aus Deutschland, sie selbst wächst in den USA auf, geht aber mit ihrem Vater für ein Jahr nach Berlin. Molly will im “Osten” das Geburtshaus ihrer jüdischen Mutter, die damals nach Amerika floh besuchen. Mick stolpert ihr vor die Füße und zeigt ihr “sein” Berlin – und auch die beiden kommen sich nach und nach näher…

Ich bin in einem Ort nahe Frankfurt aufgewachsen und war beim Fall der Mauer 3 Jahre alt – ich weiss eigentlich nicht viel mehr, als in der Schule erzählt wurde und selbst das ist eher spärlich – weil das alles auch so “weit weg” war. Dieses Buch hat es geschafft, das ich mich in der Geschichte verlor, die Strecke die beide zurücklegen mit dem Finger nachfahre, neues entdeckte und ja – ein Stück Deutsche Geschichte mit anderen Augen betrachten konnte.

Es hat mir den Mauerfall und alles was dazugehört, ein ganzes Stück näher gebracht. Noch dazu ist das Buch toll geschrieben und wäre eine großartige Schullektüre, weder verstaubt noch langweilig. Eine toll erzählte Geschichte mit erlebter Geschichte – danke Frau Rahlens!

Rico, Oscar und die Tieferschatten – Andreas Steinhöfel

Rico ist “tieferbegabt”, was noch lange nicht heißt, das er doof ist. Als er sich mit Oscar anfreundet, überschlagen sich die Ereignisse – und Ricos Kopf läuft auf Hochtouren…Eine spannende Krimi-Geschichte mit wunderbaren Figuren, über Freundschaft, einen Kinder-Entführer in Berlin und viele komplizierte Worte! Großartig geschrieben, auch was für Wenigleser und überhaupt, bitte lesen! Im April 2009  erscheint auch die Fortsetzung, nämlich Rico, Oscar und das Herzgebreche – ich freue mich schon auf das Wiedersehen!

Der kleine Bruder – Sven Regener

Hach, toll, endlich wieder Herr Lehmann! Bzw. Frank oder auch Frankie…. Als einzelnes Buch hat dieser Roman auch so seine Momente, allerdings wird er erst im Zusammenhang mit den anderen beiden Büchern “Herr Lehmann” und “Neue Vahr Süd” so richtig gut. Da finde ich ist die Ergänzung perfekt gelungen. Hier erstreckt sich die Handlung nur über 2 Tage, es wird viel geredet, palavert, diskutiert, getrunken. Und auch wenn man sich denkt “Mensch, ganz schön abgedreht” denkt man gleichzeitig “Ja, genauso muss das gewesen sein”. Mir hat es jedenfalls großen Spaß gemacht!