Landgericht – Ursula Krechel

Momentan stecke ich in diesem Buch fest. Und das ist nicht negativ gemeint. Es ist nur so, dass man Zeit und Ruhe zum Lesen braucht. Nach manchen Abschnitten muss ich das Buch einfach weglegen und verschnaufen, wirken lassen, drüber nachdenken. So liest es sich recht langsam, aber es brennt sich ein. Das Buch spielt ja nach dem zweiten Weltkrieg und die Atmosphäre haut einen wirklich um, verpasst mir sehr viel Stoff zum Nachdenken und ein ständiges innerliches “Gut, dass jemand sich damit auseinandersetzt – ein wichtiges Buch”-Nicken. Auch nachdem ich das Buch beendet hatte, hallte es lange nach. Seine reduzierte, sachliche Sprache, die dem Buch öfter angekrittelt wurde, war für mich das Besondere, das Wichtige: die schrecklichen Geschehnisse wirken, so völlig unverkleidet, um vielfaches stärker, bleiben beim Leser, nehmen einen gefangen. Auch das Erlebnis, Ursula Krechel selbst über das Buch sprechen zu hören, hat es für mich zu einem preiswürdigen Buch gemacht – als der Deutsche Buchpreis dann wirklich an sie vergeben wurde, habe ich gejubelt – die Auszeichnung ist sehr verdient!

Mauerblümchen – Holly-Jane Rahlens

An einem gemütlichen Samstag Morgen hat dieses Buch mich fasziniert. Es erzählt (auch grafisch sehr schön aufgemacht, mit dem Streckennetz der Bahnen in Berlin) die Geschichte von Molly und Mick, die sich kurz nach dem Mauerfall in der Bahn kennenlernen. Mollys Eltern stammen aus Deutschland, sie selbst wächst in den USA auf, geht aber mit ihrem Vater für ein Jahr nach Berlin. Molly will im “Osten” das Geburtshaus ihrer jüdischen Mutter, die damals nach Amerika floh besuchen. Mick stolpert ihr vor die Füße und zeigt ihr “sein” Berlin – und auch die beiden kommen sich nach und nach näher…

Ich bin in einem Ort nahe Frankfurt aufgewachsen und war beim Fall der Mauer 3 Jahre alt – ich weiss eigentlich nicht viel mehr, als in der Schule erzählt wurde und selbst das ist eher spärlich – weil das alles auch so “weit weg” war. Dieses Buch hat es geschafft, das ich mich in der Geschichte verlor, die Strecke die beide zurücklegen mit dem Finger nachfahre, neues entdeckte und ja – ein Stück Deutsche Geschichte mit anderen Augen betrachten konnte.

Es hat mir den Mauerfall und alles was dazugehört, ein ganzes Stück näher gebracht. Noch dazu ist das Buch toll geschrieben und wäre eine großartige Schullektüre, weder verstaubt noch langweilig. Eine toll erzählte Geschichte mit erlebter Geschichte – danke Frau Rahlens!