Die Betäubung – Anna Enquist

Das Wort „verstörend“ kann man durchaus für diesen Roman anwenden – aber im positiven Sinne. Denn dieser Roman fällt ein wenig aus der Rolle, seine Beschreibungen, gerade was die Details im Krankenhaus angeht, die Vorgänge und Operationen sind so gestochen scharf und gehen einem nahe. Teilweise so sehr, dass ich pausieren musste (ich vertrage allerdings auch nicht sehr viel in diesem Bereich). Aber gerade das lässt den Roman für mich so hervorstehen – als ich im Nachwort las, dass Enquist im Zuge einer Literaturprojekts längere Zeit in einem Krankenhaus hospitieren dürfte, erklärte sich für mich diese Besonderheit, man hatte zum Teil wirklich beim Lesen das Gefühl, mit im OP-Saal zu stehen. Die Geschichte der beiden Geschwister, die zwei unterschiedliche Professionen abdecken (Anästhesistin und Psychoanalytiker) und durch einen gemeinsamen Nenner immer mehr ins Straucheln kommen, hat mich in ihren ganz eigenen Sog gezogen.

Zerbrechlich – Jodi Picoult

Endlich wieder eine Picoult die mich mehr überzeugt hat. Süffige Geschichte, stimmige Figuren, Drama, Moral und insgesamt fügte sich alles zu einem runden Ganzen zusammen. Zuletzt hatten mich einige Bücher von ihr eher enttäuscht, vorallem weil sehr viele Themen auf einen Schlag behandelt wurden und damit etwas kurz kamen, dass war hier nicht der Fall. So gefällt mir Picoult wieder richtig gut und dieser Roman wurde schnell verschlungen.

Eddies Bastard – William Kowalski

Fühlte mich gut unterhalten, spannendes Familiengeheimnis mit interessanten Details. Gerade zu Anfang flogen die Seiten nur so dahin. Ein wenig flachte es zum Ende hin ab, das mag aber den Geschehnissen geschuldet sein. Seitdem ich weiss, es gibt eine Fortsetzung, denke ich, dort werden auch noch einige offene Fragen geklärt. Angenehm zu lesender Schmöker für den Urlaub.

Liebe usw. – Julian Barnes

Wie kein zweiter Autor den ich bisher gelesen habe, versteht sich Barnes darauf, Beziehungsgeflechte genau zu sezieren. Seine Spezialität: das Erleben der einzelnen Figuren in dieser Dreiecksgeschichte gegeneinander zu stellen und immer wieder die Frage an den Leser zu richten: gibt es eine allumfassende Wahrheit? Oder ist es nicht vielmehr so, dass unsere Wahrnehmung und unsere Erinnerungen und Empfindungen nur von uns aus genau dieser Perspektive gefühlt werden können? Und je mehr man von Barnes liest, desto mehr merkt man: nein, es gibt kein Richtig, Falsch oder auch nur eine objektive Wahrheit. Ein Buch von ihm lässt einen nachdenklich zurück, lässt einen Sätze mehrfach lesen – und fordert heraus. Allerdings eine Herausforderung, die ich nur allzugerne annehme!

Der Sohn – Jessica Durlacher

Meine erste Begegnung mit dieser Autorin und nach der Lektüre kann ich sagen – ganz sicher auch nicht meine letzte! Durlacher beschreibt eine Familie die in einen Strudel von Ereignissen gerät, die diese zunächst nicht einordnen kann – und die doch zusammenhängen und deren Gründe weit in die Familienvergangenheit zurückreichen. Beklemmend mit vielen Spannungsmomenten und so packend geschrieben, dass ich teilweise fast das Gefühl hatte,  einen Thriller zu lesen. In diesem Familiendrama greifen die unterschiedlichen Rädchen der Geschichte lückenlos ineinander über, genauso wie mich viele der sehr direkten, ehrlichen Beobachtungen dieser Menschen berührt haben und ich so manche Sätze zweimal las. Definitiv ein Lesetipp!

Nur eine Ohrfeige – Christos Tsiolkas

Im Englischen lautet der Titel ein wenig passender “The Slap“. Ausgehend von dieser Ohrfeige die ein kleines Kind auf einem Barbecue unter Freunden bekommt (allerdings nicht von den Eltern) entfaltet sich anhand von 8 Episoden ein Blick auf  die unterschiedlichen Lebensentwürfe der Freunde – und vorallem ein Blick hinter die Fassade, hinter der es bei allen nicht halb so gut aussieht, wie sie vorgeben… Und anhand der Ohrfeige stellt sich die Frage: wofür stehen die Freunde? Wer hält zu wem? Welche Moral wird vertreten – und was kann man für sich selbst verantworten? Ein buntes Kaleidoskop an menschlichen Regungen, ein ziemlicher tiefer Sumpf an Vergehen, Übertretungen und Emotionen – Tsiolkas hat nicht gespart, er lotet mit einem gewissen Genuß die Untiefen aus, in die seine Figuren sich unaufhaltsam hineinmanövrieren. Das liest sich spannend, unterhaltsam, die Sprache ist manchmal derb aber wirkt nie aufgesetzt. In Australien war das Buch ein großer Erfolg und wurde für ABC TV verfilmt – kein Wunder, der Stoff überzeugt!

The Hunger Games: Mockingjay – Suzanne Collins

Tja, wie schreibt man über den dritten Band ohne zu spoilern…er war ein recht guter Abschluss der Serie, ich habe mich aber (sicherlich auch weil ich mit der englischen Sprache zu kämpfen hatte) etwas schwergetan. Im großen und ganzen war ich zum Schluss wieder versöhnt – es hat aber lange nicht soviel Fahrt aufnehmen können wie die beiden vorigen Bände, auch haben mir manche Handlungsstränge aus den vorigen Bänden gefehlt. Insgesamt finde ich aber die Tribute von Panem immer noch äusserst lesenswerte Jugendbücher die auch viele Erwachsene noch in ihren Bann schlagen werden – und auch viele Fragen aufwerfen.

Numbers: Den Tod vor Augen – Rachel Ward

Der zweite Teil der Trilogie Numbers – und was für eine furiose Fortsetzung. Fand ich den ersten Teil schon klasse, wird hier noch eins draufgesetzt. Die Geschichte wird konsequent weitergeführt, man hat aber überhaupt nicht das Gefühl, das hier altes wiederaufgewärmt wird. Numbers 2 ist noch heftiger, noch zerstörerischer – definitv eher ab 14 einzustufen. Genial erzählt und wieder bis zum Schluss geradzu atemlose Spannung…ich freue mich schon auf Teil 3!

Michael Kohlhaas – Heinrich von Kleist

Ein Buch das mir ein Kunde den ich sehr schätze immer wieder ans Herz legte. Auch wenn ich desöfteren mit der Sprache zu kämpfen hatte und mit den vielen, heute veralteten Bezeichnungen – im Grunde ist der Stoff von Michael Kohlhaas Vorlage für vieles was heutzutage in Büchern und Filmen passiert. Da ist alles mit drin: Witz, Drama, Betrug, Kampf, Familie, Liebe und Kämpfen für Gerechtigkeit. Insofern – ein lesenswerter Klassiker!

Angerichtet – Herman Koch

Ein Essen im 5-Sterne Restaurant ist angerichtet. Dort treffen 2 Brüder und ihre Frauen aufeinander. Oberflächlich sieht es nach einem normalen Abend aus, der übliche Ablauf ist durchkomponiert…aber auch die Kinder der Ehepaare haben etwas angerichtet…und der Leser erwischt sich dabei, wie er immer mehr die Luft anhält und die Katastrophe unaufhaltsam ihren Lauf nimmt, so sicher wie der Maitre die einzelnen Gänge in epischer Breite anpreist. Angerichtet stellt die Vorstellungen von Moral und Werten in Frage, fordert den Leser heraus, ist manchmal erstaunlich witzig, fast schon slapstickartig, tischt eine Szenerie auf die es so bisher nicht gab  – ein äusserst gut gemachter, toll geschriebener Roman der schockieren will – das hat er geschafft!