Cassia & Ky: Die Flucht – Ally Condie

Wie immer schwierig über eine Fortsetzung zu schreiben ohne zu spoilern, daher in gewohnter Kürze: für mich ein würdiger Nachfolger, etwas schwächer als der erste Band, damit aber immer noch packend, spannend und vorallem enthüllt sich hier einfach nochmal mehr, wieviele unterschiedliche Kräfte rund um die Gesellschaft in der Cassia & Ky leben wirken. Ich habs wieder in einem Rutsch gelesen, klasse Jugendbuch-Unterhaltung, wieder sticht die Geschichte aus den Massen der Dystopien, die der Markt gerade so hergibt heraus. Und wieder will ich wissen – wie geht es weiter?

Den Mond aus den Angeln heben – Gregory Hughes

Eine vorwitzige, altkluge Heldin namens Ratte und ihr Bruder Bob, ein irrwitziger Roadtrip nach dem Tod des Vaters, Vorhersehungen und ein fluchender Rapper – eigentlich hatte das Buch sovieles, was es für mich lesenswert machen würde. Und über weite Strecken hält es auch, was es verspricht, einige Szenen waren so schön und witzig! Es wurde am Ende einfach zuviel, zu schnell, es wirkte so als ob man auf der Landstraße unterwegs sei und dann von 100 auf 220 ging, ohne Vorwarnung und dann war auch schon Schluss. Das ist jammerschade, denn Ratte und ihr Bruder sind mir ans Herz gewachsen. Obwohl ab 12 empfohlen, würde ich es doch eher etwas älteren Lesern empfehlen, die Themen sind nicht ohne. Also eine vorsichtige Empfehlung mit kleineren Haken.

Einmal – Morris Gleitzman

Manchmal macht man das ja so, im Urlaub…in anderen Buchläden stöbern. Da befand ich mich also in einem kleinen, gut sortierten Kinder- und Jugendbuchladen und zog dieses Buch heraus, weil mich das Cover ansprach. Las die erste Seite und fand diese erste Szene schon so eindringlich, das ich dieses Buch dann, wieder zuhause, direkt bestellt habe.

Ich glaube das es sehr schwer ist, über die Erlebnisse von Kindern zur Zeit des zweiten Weltkriegs zu schreiben, soviele Facetten die dabei bedacht werden wollen – und soviele schreckliche Dinge die passiert sind – und das für Kinder? Hier kann ich bei diesem Buch nur uneingeschränkt sagen: Ja! Lest dieses Buch mit euren Kindern und redet darüber! Felix ist 9 Jahre alt und altert innerhalb des Buches erschreckend schnell – denn er muss erwachsen werden. Ausnahmsweise möchte ich hier mal eine Paralelle ziehen zu einem anderen Buch das eine ähnliche Thematik und einen ähnlich alten Protagonisten hat, John Boyne mit “Der Junge im gestreiften Pyjama” – dieses Buch habe ich damals ziemlich kritisch beurteilt, es erschien mir sehr naiv und unglaubwürdig. Dagegen ist Gleitzman hier etwas gelungen, was ich als deutlich realistischer empfand: ein zunächst noch naiver, vertrauender Felix, der fest an ein Wiedersehen mit seinen Eltern, jüdische Buchhändler aus Polen die ihn vor 3 Jahren in einem Waisenhaus unterbrachten um zu “reisen”, glaubt. Nach und nach merkt und lernt Felix allerdings, was es 1942 bedeutet, Jude zu sein, auf der Flucht zu sein und sich zu verstecken.Und er steht für sich ein und die Menschen die ihm helfen und beistehen. All das hält er in seinem Tagebuch fest und erzählt Geschichten und vorallem diese eine, seine Geschichte, die ihm hilft zu überleben.

Mir liefen mehrfach die Tränen. Mich hat dieses Buch so berührt und es geht mir auch noch nach Wochen so, das es mich begleitet. Für mich ist diese Reihe (dazu mehr in den weiteren Leseeindrücken) wirklich einfach nur beeindruckend. Gegen das Vergessen. Für Menschlichkeit.

Numbers: Den Tod im Blick – Rachel Ward

Jem hat eine Gabe, die sie zur Aussenseiterin macht – sie kann in den Augen ihres Gegenüber sein Todesdatum lesen. Allein diese ungewöhnliche Idee liess mich sofort zu diesem Buch greifen und es dann nach recht atemlosen Lesen wieder absetzen. Hier stimmt einfach alles. Ein packender Plot, spannend und mitreissend, mit Jem und dem Jungen Spinne, den Jem eher widerwillig kennenlernt sind zwei sehr fesselnde Hauptfiguren gefunden worden. Rachel Ward hat hier nicht nur eine verdammt gute Geschichte erzählt sondern auch soviele Gefühle und Situationen geschildert, die Jugendliche meistern müssen – vielleicht nicht auf die komplett gleiche Art wie unsere Helden, aber doch, soviele Gedanken kommen einem bekannt vor. Das Buch gefiel mir einfach verdammt gut, bis zur letzten Seite war ich beeindruckt. Was für ein Debüt! Danke für dieses tolle Jugendbuch, ich kann es nur empfehlen!

Letzte Nacht in Twisted River – John Irving

Es juckt einen ja in den Fingern, ganz viel zu diesem wieder äußerst epischen Roman von Irving zu schreiben – gibt es doch soviel zu interpretieren, zu bemerken, zu entdecken. Und doch kann ich kurz sagen: Hat mir sehr gut gefallen, las sich schnell und mit Vergnügen! Der Roman hat zwar, irvingtypisch durchaus ein paar kleinere Längen, über diese kann ich jedoch großzügig hinwegsehen. Irving hat hier seine (für mich persönlich) am liebenswertesten Charaktere erschaffen. Seine Spielerei mit Namen und vorallem die  Beschreibungen von kulinarischem haben Charme und wecken immer wieder die Lust auf mehr. Trotzdem hat der Roman seine Ecken und Kanten, sein Unangepasstes, einige Schrägheiten und Skurrilitäten, wie man das von Irving gewohnt ist. Ich denke sowohl alte Irving-Fans kommen voll auf ihre Kosten als auch Neueinsteiger – ich jedenfalls war nach diesem Irving wieder absolut von seinem Können überzeugt. Wer mich auf 832 Seiten immer wieder zu überraschen weiss, trotz das einige Motive bereits aus früheren Romanen bekannt sind und mich trotzdem auf hohem, literarischen Niveau unterhält und mich zwischendurch lachen und weinen läßt  – der kann es einfach!

Der Verwilderte Park – Jaques Roubaud

Ein kleines Werk aus dem wunderbaren Wagenbach Verlag. Beeindruckend, wie Roubaud anhand der Kindheitserinnerungen von Dora und Jaques die im Sommer 1942 auf dem Land untergebracht werden, die vorherrschenden Ereignisse schildert. Die Kinder verleben einen wilden Sommer, gelegentlich vom Murmeln der Erwachsenen und einigen aufgeschnappten Fetzen aus dem Radio unterbrochen. Man spürt unterschwellig,  das etwas im Busch sein muss – die ganze Tragweite ist den Kindern aber nicht klar und auch der Leser wird bis zum Schluss nur vage unterrichtet. Diese Atmosphäre zu erzeugen, das ist Kunst – auch die Beschreibungen der Streifzüge durch die Natur sind so wunderbar geschrieben. Für mich ein schönes Kleinod im Bücherwald, selten wird eine so kurze Zeitspanne so trefflich erzählt.

Herztier – Herta Müller

Sprachlich ganz groß. Beeindruckend. Beklemmend, betrachtend, beobachtend. Wahrscheinlich könnte diese ungewöhnliche Frau auch über Kachelöfen schreiben, ich wäre begeistert. Aber das wäre ihr Unrecht getan, denn sie greift Geschichte auf, harte Zeiten in denen Freundschaft, Durchhaltevermögen und Vertrauen die wichtigsten Güter sind. Wo aber auch Leid regiert und die Menschen unten gehalten werden. Ein beeindruckendes Portrait und ganz sicher hat die Jury für den Literaturnobelpreis diesen Preis an die absolut Richtige vergeben. Sicherlich nicht mein letztes Buch von ihr.