Kafka am Strand oder eine Hommage an Haruki Murakami

Es gibt Bücher, die begleiten den Leser ein Leben lang. Es gibt das Buch, was man auf die vielzitierte, einsame Insel mitnehmen würde. Es gibt das Buch, welches man aus dem brennenden Haus retten würde, was man in schweren Stunden zur Hand nimmt, um Trost in ihm zu finden. Es gibt das Buch, das man versonnen lächelnd im Regal stehen sieht und sich daran erinnert, wie es war, es das allererste Mal zu lesen. Der kleinste Knick im Umschlag fühlt sich vertraut an. Viele Menschen werden darüber schmunzeln – all das, in einem einzigen Buch? Es erstaunt mich selbst, aber nach 10 Jahren mit diesem Buch an meiner Seite kann ich nur glücklich nicken.

Wie oft habe ich, gefragt nach meinem Lieblingsautor und seinen Werken, Kunden auf unser Sofa hingewiesen, ihnen “Kafka am Strand” in die Hände gelegt und gesagt: “Fangen Sie an zu lesen – lesen Sie die Szene mit dem Sandsturm”. Und oft genug begann für jemanden so eine weitere, ja geradezu stürmische Begegnung mit diesem Ausnahmeautor. Wieviele Male ich selbst mittlerweile die Sandsturm-Szene gelesen, zitiert, abgeschrieben oder vorgelesen habe – ich kann es nicht beziffern und werde es wohl noch viele Male wieder tun.

Warum ist dieses Buch mein Lebensbegleiter? Weil es eine Geschichte erzählt, die soviel mehr ist, als nur eine Geschichte. Weil es Abenteuerroman, Adoleszenzerfahrung, tragische Liebesgeschichte und Weisheit in einem ist. Ich werde herausgefordert, zwischen den Zeilen entdecke ich bei jedem Lesen neue Facetten und Fragen und über all dem liegt der stille und doch so faszinierende Zauber dieses japanischen Autors.

Und wenn Sie jetzt neugierig geworden sind – nehmen Sie diesen Roman beim nächsten Buchladen-Besuch in die Hand, setzen Sie sich aufs Sofa und lassen Sie sich von Haruki Murakami und seinem sprachgewaltigen Sandsturm davontragen. Sie kommen durch diesen Sandsturm, versprochen.

 

(dieser Text erschien im Hanauer Kanon der Literatur, Hrsg. Dieter Dausien, 2014)