Formbewusstsein – Frank Berzbach

Dieses Buch ist kein Ratgeber. Es ist auch keine Anleitung zum Glück. Es ist besser – denn es ist eine Einladung, sich mit den vorherrschenden Themen in unserem Leben zu beschäftigen und ihre Formen auszuloten. Ganz oft fühle ich mich von Frank Berzbach in meinem Alltag abgeholt. Nehmt euch Zeit für dieses Buch, legt ein Notizbuch neben euch und lasst euch darauf ein.

Ich mag den intensiven Blick, den er auf das vermeintlich “nicht so wichtige” Alltägliche legt, denn das ist, was wir in unserem Leben bewusst gestalten sollten. Wenn er sich fragt, warum wir uns nicht die Zeit nehmen, für uns zu sorgen und unseren Frühstücksteller schön anzurichten, die Farben und verschiedenen Geschmacks13653181_10209956380376715_2014204786138074506_orichtungen zu genießen? Für uns allein – einfach, weil wir bei jedem Essen auch entscheiden, wie wir uns selbst behandeln? Oder welchen Einfluss Ordnung, Besitz und auch Smartphones auf unser heutiges Leben haben. Das klare und bibliophile Design des Buches schafft es, die Aussagen noch klarer hervorstechen zu lassen, bei vielen Zitaten krame ich das Notizbuch hervor, um sie schriftlich zu verinnerlichen.

Auch Dinge, die ich instinktiv bereits tue, werden hier aufgegriffen. Zum Beispiel, am Morgen einige Zeit darauf zu verwenden, mich dem Tag entsprechend anzuziehen, eine Aussage über mich und meinen Anspruch an diesen Tag durch meine Kleidung zu treffen. Erfrischend, dass er das nicht als Oberflächlichkeit abtut, sondern sehr viel tiefer in seiner Deutung geht, Kleidung unter anderem auch als “nonverbale Kommunikation” versteht. Eine weitere Gemeinsamkeit lässt mich lächeln – wir schreiben beide gerne mit der Hand und genießen diese bewusste Langsamkeit, die das Schreiben mit einem Füllfederhalter mit sich bringt. IMG_20160404_155136

Besonders sticht heraus, dass er in jedem Kapitel eine Vielzahl an Gedanken zusammenträgt und eigene Schlüsse daraus zieht, sich aber so weit zurücknimmt, dass der/die LeserIn beginnt, eigene Gedanken zu entwickeln und für sich zu philosophieren. Das Buch ist herrlich frei von strikten Vorgaben oder Verteufelungen, es bildet zunächst einmal den heutigen Zeitgeist ab und fragt sich – wie kann uns das, was wir jeden Tag erleben, bereichern? Oftmals spielt allein die Dosierung die entscheidende Rolle. Die Vernetzungen die in diesem Buch entstehen, spinnen mühelos neue Fäden in meinem Kopf weiter und lassen mich nachdenken und innehalten. Und was, frage ich euch, muss ein Buch mehr können?

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Log out! – Oliver Uschmann/Sylvia Witt

Hier haben die beiden Autoren wieder ein Jugendbuch nach meinem Geschmack geschrieben: interessanter Plot, die Verbindung von moderner Technik mit dem gleichzeitigen Wunsch, etwas eigenes, anderes zu tun und auszubrechen. 100 Tage „Log out“ – ohne Geld, ohne Arbeit, ohne Wohnung aber mit einem Blog, der über die Geschehnisse berichtet. Mir gefällt es, wie die beiden die aktuelle Nachrichtenkultur und Trends ein wenig demontieren, mit leiser oder auch mal lauterer Kritik, aber stets mit viel Witz und unerwarteten Wendungen. Wieder ein schöner Schmöker, meiner Meinung nach auch für Jugendliche, die sonst eher weniger zum Buch greifen – hier bekommen sie intelligente Unterhaltung ohne moralischen Zeigefinger, dafür mit viel Identifikationspotential.

Das Mädchen das sterben sollte – Glynn Maxwell

Ein sehr ungewöhnliches Buch, fast nur in Dialogen verfasst (Telefongespräche, Gespräche, Interviews, Anrufbeantworter etc.). Macht es einerseits sehr mitreissend zu lesen, ist aber auch nicht unanstrengend. Susan Mantle gerät durch die Vorhersage einer Wahrsagerin in Panik – und löst durch einen, unter Tränen gesprochenen Satz (leider in eine Fernsehkamera) einen nationalen Hype aus. Sie will allerdings überhaupt nicht berühmt werden…und wird es deswegen grade erst recht. Es ist schon brilliant vorgeführt, wie verquer und heftig diese Medienwelt reagiert, ihren Freundeskreis durchwirbelt…trotzdem keine Top-Empfehlung, dafür ist es an einigen Stellen doch etwas zu langatmig…