Die Träume anderer Leute – Judith Holofernes

Wohin geht der Weg 

wenn die Träume

anderer Leute 

nicht mehr deine sind? 

Wer bist du,

findest Du dich wieder? 

Was haben diese Jahre

die ermüdende Maschinerie

aus Dir gemacht? 

Was passiert

wenn Du Ja sagst 

und die Welt „Ja, aber?“ 

Deine Kunst,

ein Prozess, 

wichtigste Zutat Zeit.

Du machst Dich auf

neue Wege, neue Träume

Unterstützung statt 

der immer gleiche Marathon. 

Die Worte sind

deine Verbündeten 

geblieben. (S.R.22) 

Liebe Judith Holofernes, was hast Du da für ein großartiges Buch geschrieben, dich geöffnet, uns teilhaben lassen? Ich möchte mehr von diesen Geschichten, dieser Ehrlichkeit, mehr von Künstlerinnen lesen, die hinterfragen, neu denken, sich nicht (mehr) verbiegen lassen möchten. Die sagen: ich will Kunst machen, aber auf meine Art, zu meinen Bedingungen.

Ich möchte von Müttern und Familien lesen, die gerade deshalb UND trotzdem ihren Passionen folgen. Du hast mich mit deinem Buch so sehr beeindruckt, als Künstlerin, als Erzählerin, als Mensch. Liebste Grüße von einer, deren Leben Du schon lange mit deinen Worten begleitet hast und das hoffentlich noch viele Jahre tun wirst. 

Fotzenfenderschweine – Almut Klotz

Dies ist ein Buch über Liebe. Über Liebe, für die hart geackert wird. Die nicht einfach ist und kein Hollywoodklischee bedient. In der endlose Nächte lang gestritten wird, in der die Unterschiede oft stärker klingen als die Gemeinsamkeiten. Das klingt nicht nach Liebe, sagt ihr? Oh doch – und es beeindruckt mich um vielfaches mehr. Mit Wucht bekommen wir ungeschönte Szenen serviert, um gleich darauf wieder eine kleine Zärtlichkeit zwischen den Zeilen zu spüren. Gerade dieser so ehrliche und unverstellte Blick auf ihr Leben, ihre Beziehung mit Rev. Christian Dabeler und ihren künstlerischen Werdegang ist es, der mich das Buch in einem Zug durchlesen lässt.

Es ist ein Fragment, ein Text der nicht fertiggestellt werden konnte, aufgrund des Todes von Almut Klotz im August 2013. Dem Verbrecher Verlag gebührt großer Respekt dafür, dass er diesen Text, dessen Veröffentlichung der unbedingte Wunsch der Autorin war, nicht verändert hat, auch nicht die Stellen, in denen sie selbst auch mal nicht gut abschneiden. Und der Titel? sehe ich noch ein Fragezeichen in euren Augen aufleuchten. Der ist großartig. Wer dieses Buch liest (und dazu rate ich euch dringend) wird verstehen, warum.

 

 

Ich habe einen Liebesbrief geschrieben

Diese Woche bin ich zu einem Konzert meiner Lieblingsband gegangen und habe mich verliebt. In die Hingabe. In die Leidenschaft. In die Bereitschaft, für seine Träume Zeit zu investieren und immer weiter zu machen. Die Worte reihten sich in meinem Kopf aneinander, während ich meine Kollegin dort oben stehen sah, ganz eins mit ihrer Gitarre und der Musik. Habe ihre Bandkollegen betrachtet, die verzückt, konzentriert und mit Spaß an der Sache waren. Und mir gedAwomanwithherguitaracht, wie froh ich sein kann, dass all diese Menschen so mutig sind.

Das ist ein Liebesbrief an euch alle, die ihr Kunst schafft. An die Musiker’innen, die stundenlang üben, um den richtigen Anschlag zu finden. An die Maler’innen, die immer wieder vor einer weissen Leinwand sitzen. An die Autor’innen, die jeden Tag aufstehen, sich an den Schreibtisch setzen und ihrem Kopf Geschichten entlocken. Es ist oft hart und anstrengend und sicher die mehr als die Hälfte der Zeit alles andere als glamourös.

Ihr habt Durchhaltevermögen. Ihr gebt zum Teil sichere Verhältnisse auf, um eure Träume zu verwirklichen. Und ihr seid mutig, unfassbar mutig. Jeder, der schon einmal lange auf ein Ziel hingearbeitet hat, kann das bestätigen. Wenn unsereins die ersehnte Marathonzeit nicht gelingt, so ist das durchaus eine Enttäuschung, aber eine, die wir meist nur mit Freunden teilen. Aber mit etwas, dass von uns selbst kommt – und was könnte persönlicher sein als Kunst – an die Öffentlichkeit zu gehen, unsicher, ob die Welt verstehen wird, was ihr sagen wolltet, ob sie es lieben werden oder in der Luft zerreissen – das ist absolut bewundernswert. Denn jedesmal, wenn eine Bühne betreten wird, ein Buch gedruckt, ein Bild auf die Leinwand gezogen wird, verlasst ihr das sichere Ufer, betretet ihr eine wackelige Brücke, ohne genau zu wissen, wohin sie führen wird und ob sie hält.

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Ich danke jedem, der seine Musik, seine Worte, seine Farben in die Welt hinauslässt. Denn wir brauchen diese Menschen. Ihr gebt uns mit euren Songs, Büchern, Bildern Gelegenheit, uns nicht einsam zu fühlen. Den Lieblingssong mit der Freundin zu teilen, uns jemandem nah zu fühlen, der das gleiche Buch liebt wie wir, ein Bild in den Händen zu halten, das uns an einen innigen Moment erinnert. Weil man denen, die das Leben reicher machen, jeden Tag sagen soll, wie sehr wir das schätzen, was sie für uns tun und wir es alle viel zu selten sagen, schreibe ich euch heute diesen Liebesbrief – Danke für alles!

About my Shelf – Hrsg. von Maggie Gernatowski

Ich warne euch vor – wenn ihr dieses Buch zur Hand nehmt, plant entsprechend vor und vor allem genug Zeit ein. Einen Stift und das Notizbuch: zum Notieren der Bücher, die ihr nun lesen möchtet. Und: Lautsprecher und das Musikportal eurer Wahl um euch stundenlang durch die Musiktipps zu hören.

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Was habe ich dieses Kleinod gerne durchgeblättert und gelesen! Die Grundidee ist einfach.

10 Musikerinnen und Musiker erzählen uns etwas über ihre Bücherregale.

10 Autorinnen und Autoren erzählen uns etwas über ihre Plattenregale.

Dabei kam ein ganzer Schatz an Empfehlungen heraus, die durch das luftige und klare Layout leichtfüßig daherkommen. Eine grobe Form ist vorgegeben und doch hat man viel mehr das Gefühl, einem Gespräch zu lauschen als ein Interview zu lesen. Man gerät ins Stöbern, entdeckt komplett Unbekanntes und freut sich, wenn man gar bei einem geliebten Autor eine musikalische Gemeinsamkeit entdeckt ;-)  Ich liebe solche Bücher, die mir einen Einblick erlauben und mir etwas über Menschen erzählen, mit der der gleichen Leidenschaft für ihre Regalinhalte.

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Und daher gibt es jetzt auch gleich drei meiner neuen Anspieltipps, beim Durchhören für mich entdeckt:

 

The Earth Is Not a Cold Dead Place von Explosions in the Sky (die Band hört Karen Köhler manchmal beim Schreiben)

Landslide von Fleetwood Mac & I Still Do von I Am Kloot (hört Benedict Wells, wenn er etwas Trauriges schreibt)

Auf der Buchwunschliste gelandet sind:

Revolting Rhymes von Roald Dahl (liebstes Kinderbuch von Cherylin Macneil

Faserland von Christian Kracht (Hendrik Otremba nennt eine Szene aus diesem Buch auf die Frage nach seiner Lieblingsszene)

Ein besonderer Dank geht an dieser Stelle an meine Buchhändlerinnen-Kollegin Marijke, die dieses fabelhafte Buch für unseren Buchladen entdeckt hat! Ich wünsche ihm noch ganz viele Leser!

 

Die letzten Tage im Leben von Rabbit Hayes – Anna McPartlin

Ich muss ehrlich gestehen, dass ich zu diesem Buch nur griff, weil mein Kopf so voll war und ich dachte, mehr als wirklich “leichte Lektüre” schaffe ich nicht. Aber das eher romantisch-verspielte Cover täuscht. Die Geschichte um Rabbit Hayes geht zu Herzen – aber nicht nur das. Man gewinnt ihre schräge, irische Familie nach und nach lieb, die fluchende Mutter, den kämpfenden Vater, den unzuverlässigen Bruder, ihre Tochter und soviele mehr. Jap, es ist hier und da auch kitschig und vorhersehbar, und traurig wird es auch nicht zu knapp. Aber doch steckt in diesem Roman deutlich mehr Potential, als ich ihm am Anfang zugetraut habe.

Neues von den Penderwicks – Jeanne Birdsall

Endlich ein Wiedersehen mit den Penderwicks! Diese Reihe gehört für mich mit zu den schönsten, die es die letzten Jahre im Jugendbuch gab. In diesem Band werden die Schwestern alle ein wenig erwachsener und ich schaue ihnen mehr als gerne dabei zu. Jeanne Birdsall hat wunderbare Ideen und man spürt, dass auch sie ihre Charaktere ins Herz geschlossen hat. Wer die Penderwicks noch nicht kennt, kann jetzt gleich alle Bände am Stück lesen und sich damit sehr, sehr glücklich machen!

Die Doors und Dostojewski – Susan Sontag

Heute geht ein großes Lob an Karla von der Buchkolumne. Ohne sie wäre ich nämlich nicht zu diesem Buch gekommen. Von alleine hätte ich wohl kaum zu Susan Sontag gegriffen, deren Name mir zwar bekannt ist, die ich mir aber “nicht zugetraut” habe. Und dann dieser Interview-Band: eine kleine Offenbarung. Was für eine kluge, gewitzte und vielschichtige Frau! Der Titel sagt es eigentlich: “The Doors und Dostojewski”. Mein Mann sagte vor dem Traualtar zu mir, ich sei die einzige Frau, die er kenne, die Literatur und Popkultur gleichermaßen in sich vereint. Dieses Interview (neben einigen anderen AHA-Momenten) hat mich auch darin wieder bestärkt…ich werde dazu ganz sicher noch einen kleinen Artikel schreiben. Bis dahin: lest dieses wunderbare Buch!

Eleanor & Park – Rainbow Rowell

Ach, was habe ich dieses Buch gemocht. Weil es mehr ist, als die typische Aussenseiter-verlieben-sich-ineinander-Geschichte. Die schwierigen Verhältnisse, in denen Eleanor lebt und aus denen sie alleine nicht ausbrechen kann, haben mich sehr berührt. Und auch, dass Rowell darauf verzichtet, dem ganzen ein einfaches Happy End zu verpassen. Für mich ein Stück Jugendliteratur, was eindrucksvoll vor Augen führt, wie aus einer kleinen Geste nicht nur Freundschaft werden kann, sondern auch der Mut zu einem anderen Leben. Ganz und gar fabelhaft!

Die Gottespartitur – Edgar Rai

Hier muss ich eigentlich zwei Leseeindrücke formulieren: die zu Beginn stehende Satire auf den deutschen Literaturbetrieb und diejenigen, die ihn bevölkern und beleben – klasse! Spritzig und spitzfindig, einwandfrei getroffen. Die spätere Entwicklung der Ereignisse – da wurde es für mich dann eher zäh – und das, obwohl mich die Thematik Religion und Musik durchaus interessieren.