Eine ganze Welt – Goldie Goldbloom

Angesiedelt in einer chassidischen Gemeinde in Brooklyn wird hier eine Familiengeschichte erzählt, in der das Ungesagte einen immer größeren Raum einnimmt. Denn was ist, wenn all das, woran Du dein Leben lang geglaubt hast, was Dich im innersten ausmacht und in dem Du dich auch glücklich gefühlt hast, in Frage gestellt wird?

Es ist nicht nur die Geschichte der Familie und dieser Gemeinde, ihre Rituale und Gepflogenheiten die mir Goldbloom näher bringt, die mich für dieses Buch einnehmen. Es sind die vielen Fragen, die aufgeworfen werden. Was macht eine lange Ehe aus? Wie gut kann man sich jemals wirklich kennen? Welche Auswirkungen hat Schweigen und Verleugnung innerhalb einer Familie? Und nicht zuletzt – welchen Einfluss haben unsere getroffenen Entscheidungen auf unser Leben?

Leseexemplar

Kindeswohl – Ian McEwan

Über dieses Buch haben wir im Buchladen durchaus leidenschaftlich debattiert. Ich würde mich definitiv als McEwan-Fan bezeichnen, meine Kollegin auch. An diesem Buch haben wir uns aber entzweit Während für mich der rote Faden nicht richtig herauskam, ich die beiden Hauptthemen jeweils als nur halbherzig behandelt empfand, ging es meiner Kollegin genau andersherum. Sie fand gerade diese Zerissenheit zwischen Privatem und Beruflichem der Hauptperson reizvoll. Zwischendrin, Passagen, die uns beide begeistert haben. Diese konnten es für mich zum Schluss, allen Gegenargumenten zum Trotz nicht mehr rausreißen…

Die Gottespartitur – Edgar Rai

Hier muss ich eigentlich zwei Leseeindrücke formulieren: die zu Beginn stehende Satire auf den deutschen Literaturbetrieb und diejenigen, die ihn bevölkern und beleben – klasse! Spritzig und spitzfindig, einwandfrei getroffen. Die spätere Entwicklung der Ereignisse – da wurde es für mich dann eher zäh – und das, obwohl mich die Thematik Religion und Musik durchaus interessieren.

Da draußen wartet die Welt – Nancy Grossman

Was ich dieser Autorin hoch anrechne, ist, dass sie es ihrer Figur, einem Amish-Mädchen nicht leichtgemacht hat. Als Leserin war ich nah am Geschehen und vorallem im Entscheidungsprozeß des jungen Mädchens voll involviert. Nicht nur, dass mir dieses Buch unheimlich viel erklärt und erzählt hat über das Leben der Amish, es hat mich auch einen Blick darauf werfen lassen, wie es ist, zwischen zwei Welten zu stehen, die beide für sich Vor- und Nachteile besitzen. Ein Jugendbuch, welches ich sehr gerne empfehle, weil es diese Prise “speziell” besitzt, die den Leser nicht vom Haken lässt!

funny girl – Anthony McCarten

Wer kennt es nicht: man mag den Autor, mag seine vorherigen Veröffentlichungen und ist dann vielleicht übermäßig enttäuscht, wenn es mit dem neuen Werk nicht funken mag? So ging es mir leider hier: die Idee sprach mich an, die ersten Sätze und auch der zuweilen tiefschwarze Humor – aber leider versickerte für mich im Verlauf der Charme des Buches immer weiter, bis er nur noch leise vor sich hinplätscherte. Sehr schade!

Herr Klee und Herr Feld – Michel Bergmann

Ich liebe die Teilacher! Und diesen dritten Teil…Hach, was für ein Roman! Ich habe zu Anfang soviel gelacht, über die beiden ungleichen Brüder, die sich im Alter eigentlich nur noch mehr in ihren eigenen Sturheiten, Ritualen und Leben festgefahren haben. Das führt zu so einigen fast auswegslosen Situationen, nicht zu vergessen die neue Angestellte im jüdischen Haushalt, die junge Palästinenserin Zamira – Bergman hat hier ein paar unvergessliche Dialoge und Gedanken niedergeschrieben. Und zum Ende hin hat mich das Buch weinen lassen, weil ich das Gefühl hatte, hier gute Freunde zu verlieren. Ganz große Empfehlung, am besten gleich alle drei Bände kaufen!

Der amerikanische Architekt – Amy Waldman

Was wäre, wenn die anonyme Ausschreibung für die Gedenkstätte, die nach 9/11 am Ground Zero entstehen sollte, ein Mann namens Mohammed Khan gewinnt? Dieses Gedankenexperiment wagt Amy Waldman in ihrem Roman – und es gelingt ihr schnell, den Leser zu fordern: was würde ich tun? Auf welcher Seite stände ich? Welche Überzeugung kann ich vertreten, ethisch, moralisch, menschlich? Die Menschen, die vor dieser Entscheidung stehen: eine Jury, Überlebende, Zurückgebliebene, Politiker, der Architekt selbst – und dazu kommt die delikate Auseinandersetzung über Religion, Macht und Aussenwirkung. Für mich hält Waldman das Tempo, wird dem sensiblen Thema gerecht und schafft es bis zum Schluss, das Niveau zu halten und dem Buch einen runden Abschluss zu geben, was für mich oft die Achillesferse eines Romanes ist. Hat mir sehr gut gefallen, empfehle ich gerne weiter.

Das Spinoza-Problem – Irvin D. Yalom

Dieses Buch hat mich ziemlich beeindruckt und mich auch ganz schön beschäftigt und auf mich selbst zurückgeworfen. Yalom setzt sich in Romanform mit zwei äusserst gegensätzlichen Menschen auseinander: zum einen dem Philosophen Spinoza, zum anderen dem Nazi-Ideologen Alfred Rosenberg, deren Lebensläufe er geschickt miteinander verknüpft. Was mich an dem Buch so unheimlich fasziniert hat, waren die Gedankenläufe, denen er folgt – was bei Rosenberg erschreckend, abstoßend und Kopfschütteln auslösend wirkte. Bei Spinoza hingegen, der sich ja auch seiner Religion, dem Judentum, nach und nach löst, seinen Glauben und seine Überzeugungen nicht mehr miteinander vereinbaren kann und auf der Suche nach sich selbst auf große Schwierigkeiten stößt – das liest sich fesselnd und nachfragend, das löst in mir Gedanken aus, Ideen, Philosophien. Was für eine Kunst, einen solchen Roman zu schreiben, große Klasse!

What we talk about, when we talk about Anne Frank – Nathan Englander

Ein Buch, das lange nachhallt ist für dieses Werk fast zuwenig gesagt – an einige Geschichten erinnere ich mich nach Monaten noch und an das Gefühl der Gänsehaut und Bewegtheit beim Lesen. Ich bin kein großer Kurzgeschichtenfan, diese haben mich aber nicht nur begeistert, sondern auch nachdenklich werden lassen. Das Buch habe ich mehrfach verschenkt, behandelt es doch soviele große Themen: Schuld, Verantwortung, Liebe, Freundschaft, Sterben, Gerechtigkeit und den Spagat, den wir alle in der heutigen Zeit zwischen Ethik, Moral, unserer Geschichte, Religion und dem Zeitgeist machen. Sehr, sehr beeindruckend und ganz sicher nicht mein letztes Buch dieses Autors.

Damit ihr mich nicht vergesst – Mitch Albom

Mitch Albom wird vom Rabbi seiner Heimatstadt um einen ungewöhnlichen Gefallen gebeten: er soll auf dessen Beerdigung die Trauerrede halten. Und obwohl Albom das ganze eigentlich für keine gute Idee hält, fängt er an, sich regelmässig über 8 Jahre mit dem Rabbi zu treffen um Material für diese Rede zu sammeln. Wer jetzt an eine Neuauflage von Dienstags bei Morrie denkt, hat weit gefehlt. Albom verknüpft die Geschichte des Rabbis, seine interessanten Ansichten, Erlebnisse und Lebenserfahrungen mit denen eines weiteren Mannes, einem freien Prediger, der bevor er zum Glauben kam wirklich ganz unten war – Drogen und eine kriminelle Vergangenheit. Und obwohl man denkt, diese beiden Religionen und Männer gehen nicht zusammen – so zeigt sich doch immer wieder, das beide sich darin ähneln, das sie ihren Glauben mit voller Kraft leben. Ein Buch aus dem man sehr viel ziehen kann, ein Buch bei dem man anfängt, sich mit den eigenen Überzeugungen auseinanderzusetzen – ein Plädoyer für Toleranz, Liebe und das Teilen von Geschichten und Erfahrungen. Mich hat dieses Buch einfach berührt und ich wünsche mir, das Mitch Albom noch oft über solch inspirierende Persönlichkeiten schreibt!