Seit Jahren träume ich von einem eigenen Raum zum Schreiben. Gedanklich habe ich ihn schon so oft eingerichtet, ich könnte mich vermutlich mit verbundenen Augen darin zurecht finden.
Ein Raum, der nur mir gehört, in dem ich mich denken hören kann. In dem ich auch jeden Gedanken zu Ende denken kann. Ein geschützer Ort, an dem die Welt keinen Zutritt hat. Wo ich all meine Worte an die Wand pinnen kann, die Entwürfe und dahingeworfenen Ideen über Nacht liegenbleiben dürfen, sich vermischen und in der Nacht ein Eigenleben führen können. Wo ich die Sätze laut aussprechen und ihrem Klang nachspüren kann. Dieser Raum, den ich betrete, tief durchatme und weiß – hier will und muss ich sein.
Ich habe diesen Raum in meinem Kopf schon so oft besucht, er ist ein Ziel und ein Sehnsuchtsort. Und doch weiß ich, dass natürlich kein Raum der Welt das tut, was nur ich für mich selbst tun kann, zu schreiben, als ob es um alles geht, ohne Alternative. Es braucht nicht den eigenen Raum dafür, halbe Romane entstanden auf billigen Servietten in schäbigen Schnellrestaurants. Kein Raum dieser Welt besitzt magische Fähigkeiten, er wird immer nur die Haltestelle sein, in den Bus steigen, mit ungewissem Ziel, das muss ich selbst tun.
Während ich durch die dunklen Straßen laufe und in diese Häuser starre, weiß ich auch, das solch ein Ort für mich zum einen Freiheit bedeutet und doch, dass er nicht nur mit Freiheiten kommt, mehr Platz ist mit mehr Verbindlichkeiten verbunden. Und wieviel freier könnte ich sein, als ganz allein, mit der Musik auf den Ohren, nächtlich wandernd? Mein Raum zum Schreiben ist die Welt, die in meinem Kopf und die, die ich mir erlaufe. Durch die ich renne, in der ich in die Luft denke, wild dirigierend, in der meine Gedanken übereinander stolpern, weil sie auf mich einstürmen. Wo sich stilles Glück findet, wenn die Worte in meinem Kopf langsam zu Sätzen werden.
Ich laufe durch diese Nächte und mein Herz wird weit, wenn ich darüber nachdenke, wie ich irgendwann in diesem Raum stehen werde, in dem ich schreiben kann und der ganz und gar mir gehört. Und dass ich ihn doch genauso oft wieder verlassen werde, um den Raum zu betreten, der mich zuvor immer wieder aufgefangen hat, weil er keine Begrenzungen kannte. Der so zuverlässig da war wie ein Freund, der still deine Hand nimmt.
Die Freiheit, das zu tun, wonach es einen drängt, wird immer stärker und mächtiger sein, als alle äußeren Umstände, die einen scheinbar begrenzen. Solange die Nacht und die Welt da draußen meine Zuflucht und mein Raum sind, werden die Worte ihren Weg finden.