Mörder Anders und seine Freunde nebst dem einen oder anderen Feind – Jonas Jonasson

Ein inneres Zwiegespräch

Mich nervt ja selten ein Buch so richtig. Aber hier – ich habe ewig dafür gebraucht, weil es mich beim Lesen so enttäuscht hat und nun will ich eigentlich der Welt mitteilen, was da für mich alles nicht stimmte. Meinste, das kann ich machen? Ich war beim Lesen wirklich entnervt!

Ja dann! Lass es raus!

Aber ich kann doch nun schlecht schreiben: Dieses Buch könnt ihr euch sparen! Oder doch?!

So sehr ich für markige Überschriften bin, vielleicht unterfütterst Du deine Aussage noch mit etwas mehr Argumentation?

Fairer Einwurf. Beim ersten Jonasson fühlte ich mich noch sehr gut unterhalten, beim zweiten war es schon ein Aufguß des ersten, aber immer noch nett zu lesen. Der dritte hingegen…

Ja? Nun bloß nicht schüchtern werden!

Ich habe beim Lesen immer wieder gedacht: Die Idee des Plots reicht nicht! Sie reicht nicht aus!

Wie meinst Du das?

Die Grundidee war einfach zu knapp und wurde dann später noch mehrfach künstlich verlängert, was mich schon ermüden ließ. Nur, weil man einen knackigen Aufhänger hat, rollt sich die Story nicht von alleine aus. Die Figuren wirken holzschnittartig, man symphatisiert wirklich mit niemandem und bei jeder weiteren grotesken Wendung habe ich nur noch geseufzt. Wie bei vielen Dingen im Leben macht es auch in einer guten Geschichte die Dosierung und in diesem Buch ist das Salzfäßchen eindeutig vom Küchenregal in die Suppe gefallen. Die einzige Komponente, die ich nett angedacht fand, war, Mörder Anders unter anderem zu einem Internetphänomen zu machen, aber auch diese Idee wurde in meinen Augen nicht konsequent genug umgesetzt.

Aber in die Ecke geschmissen hast Du es trotzdem nicht, oder?

Nein. Ehrlich gestanden wollte ich wissen, ob er irgendwo noch die Kurve bekommt und fand auch, wenn ich das Buch danach schon kritisch besprechen will, sollte ich es wenigstens zu Ende lesen.

Und, bekam er die Kurve?

Überraschenderweise… Nein, nein, hier gibt es leider kein Happy End. Bis zum Schluß wurden noch einige Klischees ausgewalzt und dreimal in anderen Worten wiederholt und ich fühlte mich wie nach einem sehr, sehr langen Konzertabend mit Zwölftonmusik…

Das klingt als könnte es als französische Komödie funktionieren, aber nicht als Buch…Du rätst also ab?

Wer auf skurrile Figuren ohne größere Substanz, religiöse Kalauer und einen Galopp durch eine leicht löchrige Handlung steht, kommt hier voll auf seine Kosten! Die anderen…

Eher nicht?

Ne. Wirklich nicht. Kauft euch stattdessen lieber einen guten Gedichtband!

Alles außer irdisch – Horst Evers

Alles außer irdisch? Ja! Irrwitzig war es – ein sehr schräger Mix aus Pratchett, Moers und ganz viel trockenem Evers-Witz. Manchmal war mir das in seiner Überdrehtheit schlicht und ergreifend zuviel, aber über weite Strecken des Romans habe ich gekichert und mich gut unterhalten gefühlt. Und da ich es für eine hohe Kunst halte, den Lesenden überhaupt zum Lachen zu bringen, während des Lesens, gibt das von mir ein Lob!

Die Middlesteins – Jami Attenberg

Wäre die ein oder andere Bloggerkollegin nicht so hartnäckig in ihrem Lob gewesen, ich hätte das Buch vielleicht doch wieder zur Seite gelegt. So stolperte ich über den für mich eher schwierigen Anfang hinweg: und verstand, was die positiven Besprechungen so lobten. Die Middlesteins sind eine spezielle Familie, ein Geflecht, was hier Schicht für Schicht enthüllt und seziert wird. Das ganze gespickt mit Witz und ein wenig Skurrilität: so entsteht dann ein Roman, dem ich verzeihe, dass wir am Anfang nicht zueinander fanden und den ich gerne gelesen habe.

Der Ozean am Ende der Straße – Neil Gaiman

Mein erster Gaiman und dank einigen Fans im Kunden und Freundeskreis waren meine Erwartungen hoch. Als ich das Nachwort las, wurde mir klarer, warum mich während des Lesens eine leise Enttäuschung beschlich. Gaiman entwickelte den Roman aus der ursprünglichen Idee einer Kurzgeschichte heraus, was für diese Szenerie auch vollkommen ausreichend gewesen wäre. Ich wurde nicht recht warm mit den Geschehnissen und wartete innerlich glaube ich schlicht auf “mehr”. Gaiman bekommt aber noch eine zweite Chance, denn sein Stil hat mir durchaus gefallen.

Alpha & Omega: Apokalypse für Anfänger – Markus Orths

Völlig durchgedreht. Mein erster Markus Orths und trotz des obskuren Themas, dem durchgerüttelten Klappentext und der doch beeindruckenden Dicke des Romans habe ich mich rangetraut – und es nicht bereut. Es mag sein, dass ich wegen der Anwesenheit von Physikern im Roman leicht verliebt-verblendet war, aber es ist weit mehr als das. Orths fabuliert hier quer in die Weltgeschichte hinein, dass es eine wahre Freude ist, verliert aber doch nicht die Bodenhaftung, die es braucht, damit der Leser in der Geschichte bleibt. Ein Feuerwerk von Ideen, Skurrilitäten und eine Art Kuriositätenkabinett in Buchform – Ach herrlich!

Das Museum der Stille von Yoko Ogawa

Dieses Werk von Ogawa kommt etwas ruhiger daher, der Geschichtenverlauf packt einen eher langsam – ich kann mir vorstellen, dass nicht jeder auf Anhieb in das Buch findet. Mir hat es aber wieder gut gefallen, wenn ich auch zum Einstieg eher “Das Geheimnis der Eulerschen Formel” empfehlen würde. Yoko Ogawa hat sich in meinem Bücherregal definitiv einen Platz erobert, der bleiben wird.

Lockwood & Co: Die seufzende Wendeltreppe – Jonathan Stroud

Endlich wieder Stroud, wie man ihn kennt und liebt. Was soll ich sagen: hier kommt wieder der herrliche Witz des Autors zum Tragen, die Geisterumgebung ist mal etwas erfrischend anderes, das Team rund um Lockwood ein schön skurriles: hat mir rundherum gefallen. Einzig: es ist definitiv ein Jugendbuch, weniger erwachsen als Bartimäus. Aber: wer schert sich darum? Ich jedenfalls nicht: ich freue mich auf eine tolle neue Jugendbuch-Reihe mit gruseligem Einschlag!

Gleitflug – Anne-Gine Goemans

Ich liebe ungewöhnliche Figuren mit seltsamen Hobbies an schrägen Orten in einem Buch. Somit waren die Gegebenheiten von Gleitflug für mich einfach perfekt: ein Junge dessen Haustiere sich als Gänse herausstellen – welche nicht fliegen dürfen, weil die Familie direkt an einem Flughafen wohnt. Aber es wäre zu kurz gefasst, nur das ungewöhnliche herausstellen zu wollen: Gleitflug ist mehr als das: es ist ein Familienroman, eine Geschichte von Freundschaften und Aussenseitern, von Liebe und Sehnsucht, von Einsamkeit und kleinen, zerbrechlichen Momenten des Glücks. Unbedingt lesenswert!