Die Träume anderer Leute – Judith Holofernes

Wohin geht der Weg 

wenn die Träume

anderer Leute 

nicht mehr deine sind? 

Wer bist du,

findest Du dich wieder? 

Was haben diese Jahre

die ermüdende Maschinerie

aus Dir gemacht? 

Was passiert

wenn Du Ja sagst 

und die Welt „Ja, aber?“ 

Deine Kunst,

ein Prozess, 

wichtigste Zutat Zeit.

Du machst Dich auf

neue Wege, neue Träume

Unterstützung statt 

der immer gleiche Marathon. 

Die Worte sind

deine Verbündeten 

geblieben. (S.R.22) 

Liebe Judith Holofernes, was hast Du da für ein großartiges Buch geschrieben, dich geöffnet, uns teilhaben lassen? Ich möchte mehr von diesen Geschichten, dieser Ehrlichkeit, mehr von Künstlerinnen lesen, die hinterfragen, neu denken, sich nicht (mehr) verbiegen lassen möchten. Die sagen: ich will Kunst machen, aber auf meine Art, zu meinen Bedingungen.

Ich möchte von Müttern und Familien lesen, die gerade deshalb UND trotzdem ihren Passionen folgen. Du hast mich mit deinem Buch so sehr beeindruckt, als Künstlerin, als Erzählerin, als Mensch. Liebste Grüße von einer, deren Leben Du schon lange mit deinen Worten begleitet hast und das hoffentlich noch viele Jahre tun wirst. 

A room to write

Seit Jahren träume ich von einem eigenen Raum zum Schreiben. Gedanklich habe ich ihn schon so oft eingerichtet, ich könnte mich vermutlich mit verbundenen Augen darin zurecht finden.

Ein Raum, der nur mir gehört, in dem ich mich denken hören kann. In dem ich auch jeden Gedanken zu Ende denken kann. Ein geschützer Ort, an dem die Welt keinen Zutritt hat. Wo ich all meine Worte an die Wand pinnen kann, die Entwürfe und dahingeworfenen Ideen über Nacht liegenbleiben dürfen, sich vermischen und in der Nacht ein Eigenleben führen können. Wo ich die Sätze laut aussprechen und ihrem Klang nachspüren kann. Dieser Raum, den ich betrete, tief durchatme und weiß – hier will und muss ich sein.

Ich habe diesen Raum in meinem Kopf schon so oft besucht, er ist ein Ziel und ein Sehnsuchtsort. Und doch weiß ich, dass natürlich kein Raum der Welt das tut, was nur ich für mich selbst tun kann, zu schreiben, als ob es um alles geht, ohne Alternative. Es braucht nicht den eigenen Raum dafür, halbe Romane entstanden auf billigen Servietten in schäbigen Schnellrestaurants. Kein Raum dieser Welt besitzt magische Fähigkeiten, er wird immer nur die Haltestelle sein, in den Bus steigen, mit ungewissem Ziel, das muss ich selbst tun.

Während ich durch die dunklen Straßen laufe und in diese Häuser starre, weiß ich auch, das solch ein Ort für mich zum einen Freiheit bedeutet und doch, dass er nicht nur mit Freiheiten kommt, mehr Platz ist mit mehr Verbindlichkeiten verbunden. Und wieviel freier könnte ich sein, als ganz allein, mit der Musik auf den Ohren, nächtlich wandernd? Mein Raum zum Schreiben ist die Welt, die in meinem Kopf und die, die ich mir erlaufe. Durch die ich renne, in der ich in die Luft denke, wild dirigierend, in der meine Gedanken übereinander stolpern, weil sie auf mich einstürmen. Wo sich stilles Glück findet, wenn die Worte in meinem Kopf langsam zu Sätzen werden.

Ich laufe durch diese Nächte und mein Herz wird weit, wenn ich darüber nachdenke, wie ich irgendwann in diesem Raum stehen werde, in dem ich schreiben kann und der ganz und gar mir gehört. Und dass ich ihn doch genauso oft wieder verlassen werde, um den Raum zu betreten, der mich zuvor immer wieder aufgefangen hat, weil er keine Begrenzungen kannte. Der so zuverlässig da war wie ein Freund, der still deine Hand nimmt.

Die Freiheit, das zu tun, wonach es einen drängt, wird immer stärker und mächtiger sein, als alle äußeren Umstände, die einen scheinbar begrenzen. Solange die Nacht und die Welt da draußen meine Zuflucht und mein Raum sind, werden die Worte ihren Weg finden.

Das Winterbuch – Tove Jansson

Die letzten Tage des Jahres waren eher düstere Wintertage, mit wenig Licht und einem großen Bedürfnis danach, sich zurückzuziehen und zur Ruhe zu kommen. Das nächste Jahr lag aber auch bereits verheißungsvoll vor uns, wie ein liebevoll zurechtgelegtes Kleid für einen neuen Tag. In dieser Stimmung entfalteten die zusammengestellten Texte im Winterbuch von Tove Jansson bei mir große Wirkung. Das Winterbuch – Tove Jansson weiterlesen