Mehr als nur ein halbes Leben – Lisa Genova

Erneut wendet sich Lisa Genova einem schweren Schicksal zu – in diesem Roman ist es Sarah, die als Folge eines Unfalls einen linksseitigen Neglect zurückbehält. Ihr ganzes Leben – vorher genau getaktet, um Arbeit, Kinder, Ehemann und Gesellschaftliches unter einen Hut zu bekommen, ist so nicht mehr lebbar. Wenn das, was uns ausmacht und worauf wir stolz sind, aufgrund unserer körperlichen Verfassung nicht mehr möglich ist – was bleibt dann von uns? Diese Lektion muss Sarah auf die harte Tour lernen. Für mich nicht ganz so packend wie “Still Alice”, dennoch lesenswert.

Die Tage des letzten Schnees – Jan Costin Wagner

Ein leiser, melancholischer Krimi, der langsam daherkommt, sirrend im Kopf kreist, dahintreibt, lauter wird und mit einem Paukenschlag aufhört. Ich saß minutenlang da, unfähig mich zu rühren, voller Bewunderung für diese Art zu schreiben, dieses Ende, was es schaffte, mich zu überraschen. Welch eine Seltenheit, welch ein Glück!

Jimmy, Jimmy: Die Geschichte wie mein Vater wieder 10 Jahre alt wurde – Mark O’Sullivan

Der Titel verrät eigentlich schon die Geschichte: eine Familie setzt sich mit den Unfallfolgen des Vaters auseinander, der nun geistig auf dem Stand eines 10jährigen ist. Die Familie leidet unter den Auswirkungen, rückt zusammen, fällt auseinander. Ein ernsthafter Ton und eine sehr unverklärte Sicht der Dinge machen dieses Buch recht traurig, dafür aber auch zu einem ehrlichen Zeugnis und einer besonderen Lektüre ohne Weichzeichner.

Ein ganzes, halbes Jahr – Jojo Moyes

Ein schwieriges Thema, leichtfüßig erzählt und mit einer symphatischen Hauptfigur besetzt: das liest sich gut und schnell, auch die eine oder andere rührende Stelle war für mich dabei. Das Buch hat mir gefallen, seinen vielen, vielen Vorschusslorbeeren (ein Buch hat es damit ja immer schwer…) wurde es (für mich) aber nicht gerecht, dafür gab es dann doch zuviele Kleinigkeiten, die mich nicht so sehr ansprachen.

Die Stille danach – Katrin Stehle

Sophia und Uli – die unzertrennlichen Zwillinge. Irgendwann, als sie älter werden, zerbricht das enge Band zwischen Ihnen. Als Uli einen Unfall hat, wird Sophia nachdenklich – kann ihre Familie wirklich mit diesem Schicksalsschlag umgehen? Wird alles totgeschwiegen, oder kommen sie schon klar? Und wer war Uli eigentlich? Bei dem Versuch, ihn und sei Leben zu verstehen, ist nicht klar, ob Sophia ihm näher kommt, oder sich immer mehr verliert – sie muss ihren eigenen Weg finden. Ein ziemlich trauriges, aber auch sehr nachdenkliches Jugendbuch, das mehr als nur eine Frage für den Leser aufwirft und einem ziemlich an die Nieren geht.

Kontrapunkt – Anna Enquist

Anna Enquist hat mit diesem Buch ein kleines, feines Meisterwerk geschaffen. Auf der Basis der Goldberg-Variationen von Bach beschreibt sie den Prozeß der Aufarbeitung einer Mutter, die ihre Tochter verloren hat. Fein verwebt in die Musik brechen Bruchstücke aus dem gemeinsamen Leben hervor, taucht man ein in Erinnerungen und immer wieder bringt die Partitur und das Spiel die Frau an ihre Grenzen.

Sehr schön zu lesen, eine ergreifende und doch so “normale” Familiengeschichte. In jedem Satz spürt man die tiefen Gefühle die die Mutter für ihre Tochter hegt, die Beschreibungen der Musik, der Noten und der Paralellen zur Geschichte geht einem auch als Nicht-Musiker auf und berührt. Für mich eines der schönsten Bücher für den Herbst 2008 ! Lesen!