Zur Abwechslung mal ein Großstadtroman in “meiner” Großstadt oder zumindest meiner Geburtsstadt. Es hat schon was, viele der Straßen und Orte zu kennen. Mit einem guten Blick auf die Sorgen und Nöte ihres Protagonisten entwirft Loke hier einen Roman, der mich wirklich angesprochen hat – interessante Thematik, Familie, Karriere – spannend zu lesen und unterhaltsam.
Schlagwort: Vater-Sohn
Wie keiner sonst – Jonas T. Bengtsson
Der Kein&Aber Verlag hat ein gutes Händchen, was ungewöhnliche Bücher und Autoren angeht, das zeigt sich auch hier wieder. Den ersten Teil des Buches habe ich begeistert gelesen – die Kindersicht rührt an, ergibt eine spannende Perspektive. Für mich verliert sich dieser Zauber leider im zweiten Teil, als der Junge erwachsen wird. Dem ersten Teil habe ich noch mit gutem Gewissen ein „wirklich gut“ verliehen, der zweite Teil war für mich nur noch „gut“. Bei solchen Büchern finde ich es unheimlich schwer, einen Leseeindruck zu verfassen, weil meist der schwächere Teil dann i der Erinnerung schwerer wiegt, obwohl man ja vom starken Teil angetan war…ein echtes Dilemma.
Der alte König im Exil – Arno Geiger
Ein ganz berührendes Buch über einen Vater und seinen Sohn, den Schriftsteller Arno Geiger – der Vater erkrankt an Alzheimer, der Sohn hört dem Vater zu – und er schreibt. Ein schmaler Band über eine Krankheit die sovieles vergessen macht und längst vergessenes wieder zu Tage fördert. Ein Buch mit Sätzen die man mehrfach liest weil sie so schön und ungewöhnlich sind und doch im Endeffekt: eine Familiengeschichte und ein Versuch sich zu fragen: wie gehen wir mit der Krankheit des Vaters um? Lassen wir los, halten wir fest, lernen wir, die Krankheit einfach anzunehmen als das was sie ist – eine Krankheit.
Das Buch bewegt und hallt noch lange nach.
Der letzte unsichtbare Junge – Evan Kuhlmann
Finn wird langsam aber sicher unsichtbar. Er hat fast schon Angst, selbst zu verschwinden. Kann diese seltsame Farblosigkeit etwas damit zu tun haben, das sein Vater gestorben ist? In seinem Tagebuch hält Finn die Erinnerungen fest, die er mit seinem Vater verbindet, die neue Struktur der Tage, die ihm so fremd vorkommt und fragt sich immer wieder: wird er irgendwann wieder sichtbar werden? Finn gestaltet sein Tagebuch mit Zeichnungen und schreibt sich die ganzen Dinge, die er weder mit seiner Mutter noch mit seinem Bruder besprechen kann, von der Seele. Das zu lesen, das rührt einen an, man fragt sich zusammen mit Finn, warum manche Dinge so passieren. Es ist schwer ein Buch zu beurteilen, das etwas so individuelles wie Trauer behandelt. Es wählt jedenfalls eine sehr schöne Idee aus, mit der Finn seine Gefühle ausdrückt – vielleicht gibt es irgendwo einen anderen 12jährigen, dem es genauso geht…ich kanns mir jedenfalls vorstellen…
Pferde stehlen – Per Petterson
Es gibt Bücher, da stimmt auf den ersten Blick alles: ein skandinavischer Autor, ein schönes Cover, egal auf welcher Ausgabe, ein ansprechender Titel. So erging es mir mit “Pferde stehlen“. Eine Familiengeschichte, ein Drama, das vielleicht gerade durch die ruhige, fast schon zu langsame Erzählart fast noch tragischer wirkt. Zwar sind die Landschaftsbeschreibungen Norwegens, die Stille und Ruhe wunderbar eingefangen worden, die Sprache reiht sich toll aneinander – die Geschichte aber ist mir manchmal fast zu vage gewesen, zu wenig klar. Es ist ein nachdenkliches Buch, eine Rückschau. Es lässt mich ein wenig ratlos zurück, ich konnte es zum Teil nicht richtig “greifen” – vielleicht habe ich etwas anderes davon erwartet.
Vatermord und andere Familienvergnügen – Steve Toltz
Was für ein Roman! Nicht nur das er ziemlich dick ist, nein, er ist auch wirklich ein beeindruckendes Debüt eines Australiers! Der gute Herr Toltz hat ein klasse Leben vor sich, wenn er so weiterschreibt. Dieser Roman hat alles – irrwitzige Ideen, eine Verbrecher-Geschichte in der nichts so ist, wie es auf den ersten (einfachen) Blick scheint, Vater-Sohn-Erlebnisse der ganz anderen Art und viel philosophischen und skurrilen Witz. Ich habe viel gelacht, den Kopf geschüttelt, habe das Buch ungern weggelegt. Der Autor wechselt zwischen einigen Erzählpassagen hin und her – zu meinen Lieblingen gehört definitiv der Anfang, der als Erzählung des Vaters an den jungen Sohn gestaltet ist, als er ihn darüber aufklärt, das sein Onkel einer der meistgesuchten Verbrecher Australiens war… Erfrischend und so voller Charme des unangespassten. Mich hat das Buch durchweg begeistert, auch wenn Toltz an einigen wenigen Stellen etwas in Nebenhandlungen abgleitet, so bereiten diese nur den Weg zum furiosen Finale und müssen im Nachhinein genau dort stehen. Ein Feuerwerk, das sich perfekt über 800 Seiten selbst abfackelt…;-)
Süchtig nach dem Sturm – Norman Ollestad
Ein beeindruckendes Buch, noch mehr wenn man bedenkt, das Ollestad hier eine wahre und vorallem: seine eigene Geschichte erzählt. Wie er mit 11 Jahren als einziger einen Flugzeugabsturz überlebt, das allein ist schon sehr beeindruckend, seine Schilderung, wie er es schafft, in einer Gebirgskette und völlig vereisten Höhen wieder in flachere Gefilde zu gelangen – ein halbes Wunder. Dazwischen erzählt Ollestad von seiner Jugend, die von Sport (Eishockey, Skifahren und Surfen) geprägt war, vorallem durch seinen Vater, der ihn zu all diesen Sportarten ehrgeizig antrieb. Dieses Buch ist also noch mehr: eine Vater-Sohn-Beziehung die ein jähes Ende nimmt, als der Vater beim Absturz ums Leben kommt. Dieses Zusammenspiel und auch die Fragen, die Ollestad aufwirft, ob er durch seine Jugend auf diesen Abstieg vorbereitet wurde, wie wir unsere Kinder vorbereiten können – wie er den Ehrgeiz seines Vaters damals erlebte – das ist packender als so mancher, komplett erfundender Roman.Mich hat er danach jedenfalls noch sehr lange beschäftigt…
Ich empfehle auch hier den http://www.youtube.com/watch?v=jFg-HtYcSXQ bei youtube mit einem Interview des Autors – sehenswert!
Die Straße – Cormac McCarty
Ein Weltuntergangsszenario – obwohl die Geschehnisse im Dunkeln bleiben. Ein Vater und sein Sohn wandern, nur mit dem allernötigsten, durch ein zerstörtes Amerika, der Tod ist allgegenwärtig. Das Buch ist düster, auch durchaus bedrückend. Ich kann nur meine Stimmung beschreiben – mich hat es nicht so sehr berührt, weil Vater und Sohn so anonym bleiben und für mich auch ihre Beweggründe für die Flucht an die Küste. Vom Stil her einige wirklich gute Szenen aber es hat mich wirklich nicht grade mitgerissen – mir fehlte das persönliche und auch ein wenig Handlung.
Empörung – Philip Roth
Wow! Mein erster Philip Roth und ich verstehe, warum der Mann so oft gelobt wird. Er hat einen sehr klaren Ausdruck, sehr einfach aber nicht ohne Anspruch. Erzählt wird in diesem kurzen Roman die Geschichte eines Metzgersohnes der im Jahre 1951, während des Koreakrieges, um der elterlichen Sorge zu entgehen, an ein weit entferntes College flieht. Klingt langweilig? Ist es aber nicht! Die verdrehten Moralvorstellungen, die eigentlich so “einfache Welt” verdeckt das im Getriebe ganz gehörig Sand steckt. Toller Stil, regt zum Nachdenken an und vielen Fragen. Richtig gut!
Unser allerbestes Jahr – David Gilmour
Eine ungwöhnliche Geschichte, die, wie ich am Ende feststellte auf realen Erlebnissen beruht. Jesse möchte am liebsten die Schule hinschmeissen, hasst diesen Ort. Sein Vater erlaubt es ihm – er kann die Schule beenden, keine Miete zahlen, keinen Job annehmen nur eines – 3 Filme pro Woche mit ihm schauen. So entsteht eine sehr besondere, keineswegs geschönte Vater-Sohn Beziehung. Für Filmfans auf jeden Fall aber auch so kommt man auf seine Kosten. Ein ungewöhnliches Buch das ohne große Ereignisse daherkommt. Mal eine andere Art von Selbstfindung und sehr ehrlich.