Die Träume anderer Leute – Judith Holofernes

Wohin geht der Weg 

wenn die Träume

anderer Leute 

nicht mehr deine sind? 

Wer bist du,

findest Du dich wieder? 

Was haben diese Jahre

die ermüdende Maschinerie

aus Dir gemacht? 

Was passiert

wenn Du Ja sagst 

und die Welt „Ja, aber?“ 

Deine Kunst,

ein Prozess, 

wichtigste Zutat Zeit.

Du machst Dich auf

neue Wege, neue Träume

Unterstützung statt 

der immer gleiche Marathon. 

Die Worte sind

deine Verbündeten 

geblieben. (S.R.22) 

Liebe Judith Holofernes, was hast Du da für ein großartiges Buch geschrieben, dich geöffnet, uns teilhaben lassen? Ich möchte mehr von diesen Geschichten, dieser Ehrlichkeit, mehr von Künstlerinnen lesen, die hinterfragen, neu denken, sich nicht (mehr) verbiegen lassen möchten. Die sagen: ich will Kunst machen, aber auf meine Art, zu meinen Bedingungen.

Ich möchte von Müttern und Familien lesen, die gerade deshalb UND trotzdem ihren Passionen folgen. Du hast mich mit deinem Buch so sehr beeindruckt, als Künstlerin, als Erzählerin, als Mensch. Liebste Grüße von einer, deren Leben Du schon lange mit deinen Worten begleitet hast und das hoffentlich noch viele Jahre tun wirst. 

The Nothing Man – Catherine Ryan Howard

Bekanntermaßen lese ich selten Krimis. Damit das überhaupt passiert, muss mich die Grundstory sofort anfixen und neugierig machen. Das war bei „The Nothing Man“ der Fall:

«Ich war das Mädchen, das den Nothing Man überlebte. Jetzt bin ich die Frau, die ihn fassen wird.»

So beginnt das True Crime-Memoir «The Nothing Man», das Eve Black über die verzweifelte Suche nach dem Mann geschrieben hat, der vor nahezu zwanzig Jahren ihre gesamte Familie tötete. Dem Mann, der nie Spuren hinterließ.

Supermarkt-Wachmann Jim Doyle hat den Bestseller auch und je mehr er liest, desto größer wird seine Wut, denn er war – er ist – der Nothing Man. Seite um Seite wird ihm bewusst, wie gefährlich nah Eve der Wahrheit kommt. Er weiß, dass sie nicht aufgeben wird, bis sie ihn gefunden hat. Er hat keine Wahl: Bevor sie sein Leben zerstört, muss er das vollenden, was ihm 20 Jahre zuvor nicht gelungen ist: Eve töten.

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Running like a Girl – Alexandra Heminsley

Mit der neu erwachten Liebe zum Laufen ist es eigentlich nur logisch, dass sich das Interesse an diesem Sport auch in meiner Buchauswahl niederschlägt. Nachdem ich das ein oder andere Sachbuch durchgeackert hatte, wollte ich gerne einen Erfahrungsbericht lesen und stieß auf „Running like a Girl“ – meines Wissens nach bisher leider nicht ins Deutsche übersetzt. Kurz und knapp gesagt: nach der Lektüre möchte man sich einmal mehr die Laufschuhe schnüren und loslegen.

Denn die Laufhistorie von Alexandra „Hemmo“ Heminsley ist weder schnurgerade noch ohne Herausforderungen. Sie sieht sich vor die gleichen Probleme gestellt wie die meisten Laufanfänger*innen und schreibt erfrischend ehrlich von den Höhen und Tiefen ihrer Laufkarriere. Ich habe mich einige Male wiedererkannt und ganz ehrlich – bei der Schilderung ihres ersten Marathons habe ich mich geradezu an das Buch gekrallt um ihr die Daumen zu drücken und ein paar Tränen vergossen vor Freude, als sie es geschafft hatte. Sie hat mich mitgenommen auf ihre eigene Reise und mir dabei so viele Aspekte des Laufens näher gebracht und mich damit unendlich motiviert. Ein sehr gutes Geschenk für alle, die mit dem Laufen anfangen oder mal wieder einen ordentlichen Schub Motivation brauchen!

Max, Mischa und die Tet-Offensive – Johan Harstad

Das erste, was ich über Max, Mischa & die Tet-Offensive las, war dieses Zitat von Autor Johan Harstad. Danach wusste ich: dieses Buch will ich lesen. Unbedingt.

«Einer der Gründe, warum das Buch so lang ist – abgesehen davon, dass es so sein muss, damit die Charaktere erzählen können, was sie erzählen müssen –, ist, dass es ein Ort für sich sein sollte, etwas, das dich anzieht, dich umgibt, aber auf gute Art und Weise. Ich wollte den Roman zu einem Ort machen, an dem man lange zu Hause sein kann. Eine Heimat für die Charaktere und vielleicht auch den Leser schaffen. Das Buch flüstert dem Leser sachte zu: Bleib hier drin. Hier bist du sicher.»

Und was hat er für einen Ort geschaffen! Ich habe wahrhaftig in diesem Buch gelebt, habe es in seinem eigenen Tempo kommen und gehen lassen. Die 1248 Seiten erschienen zu Beginn noch sehr mächtig, man fängt ein solches Buch nicht ohne einen gewissen Respekt an. Und doch wusste ich schon nach kurzer Zeit – das hier, mit diesem Buch und mir, das wird etwas Großes. Und je näher ich dem Ende kam, desto zögerlicher wurde ich, las langsamer und legte es schließlich 70 Seiten vor Schluss noch eine Nacht zur Seite, obwohl ich wissen wollte, wie es endet. Und dennoch einen Aufschub brauchte, um noch nicht am Ende angekommen zu sein.

Solch ein Buch, solch einen Ort hat Harstad geschaffen.

Noch während ich las, versuchte ich im Kopf, erste Sätze zu formen, um dieses Buch zu beschreiben. Um immer wieder festzustellen, dass jede Beschreibung zu kurz, zu ungenügend sein würde, meinen Ansprüchen nicht gerecht. Dass ich nicht darüber schreiben wollte, wem wir in diesem Buch begegnen, welche Stilmittel Harstad verwendet und wie das Buch literarisch einzuordnen ist.

Stattdessen möchte ich am liebsten jedem, der dieses Buch nachdenklich in der Hand abwiegt, in die Augen sehen und sagen: “Ja, dieses Buch wird dich fordern. Es wird mit Dir tanzen. Es handelt davon, sich einsam zu fühlen und das Gefühl von Heimat nicht in sich spüren zu können. Es handelt vom Krieg, von der Liebe, von Kunst und Theater und Harstad lässt seinen Figuren alle Zeit der Welt, davon zu erzählen. Aber Du, indem Du Dich ganz und gar darauf einlässt, wirst damit zu einem Teil dieses Buches. Und dann wird es schön. Verdammt schön.”

Lernt Max, Mischa und all die anderen kennen. Vielleicht hat Harstad sich das so vorgestellt, dass wir, die wir beim Lesen allein mit dem Buch sind, uns dann trotzdem alle in Gedanken treffen, an diesem Ort, den er geschaffen hat.

Ich werde jedenfalls noch eine ganze Weile dort sein. Versprochen.

 

Wir hier draußen (Eine Familie zieht in den Wald) – Andrea Hejlskov

Manchmal begegnet einem ein Buch, welches man aufschlägt, es nur kurz aus der Hand legt, um sich ein Käsebrot zu machen um dann direkt weiterzulesen. Ehrlich gestanden hatte ich das bei diesem Buch so nicht erwartet und je weiter ich las, desto mehr wuchs meine Begeisterung, weil mich diese Geschichte so überraschte!

Ich bin nun wahrlich nicht das, was man einen waschechten Outdoor-Fan nennt, keine enthusiastische Camperin oder stundenlange Waldspaziergängerin. Aber mich fasziniert es, angefangen bei Thoreaus Walden, dass Menschen sich in dieses einfache Leben in der Natur begeben – und diese Natur kann nicht nur wunderschön, sondern auch sehr unbarmherzig sein. Wir hier draußen (Eine Familie zieht in den Wald) – Andrea Hejlskov weiterlesen

Sechs Fragen zu “Schau mich an, wenn ich mit dir rede” von Monika Helfer

Eine Autorin, ein Buch, zwei Frauen, sechs Fragen,zwei Meinungen.

Österreich ist weit weg, zu schade, denn sonst hätten Mareike und ich uns sicherlich auf ein leckeres Stück Kuchen getroffen, beide mit dem Longlist-Roman in der Hand und hätten engagiert debattiert, welche Aspekte den Roman für uns haben herausstechen beziehungsweise haben durchfallen lassen. So behalfen wir uns mit sechs Fragen – die Antworten hätten wohl nicht unterschiedlicher ausfallen können!

Vorhang auf! Sechs Fragen zu “Schau mich an, wenn ich mit dir rede” von Monika Helfer weiterlesen

Der verrückte Erfinderschuppen: Der Limonadensprudler – Lena Hach

Haben wir nicht alle als Kinder davon geträumt, diese eine, total coole Erfindung zu machen? Ein famoses Erfindertrio, ein Limonaden-Sprudler und eine bunte Pudeldame – bei Walter, Tilda und Fred sind die Sommerferien alles andere als langweilig. Großartig illustriert von Daniela Kulot – dieses Kinderbuch ab acht Jahren macht großen Spaß und eignet sich auch hervorragend zum Vorlesen!

Du bellst vor dem falschen Baum – Judith Holofernes

Was muss man über meine Anfänge mit Judith Holofernes wissen? Das erste und einzige Festival meines Lebens, beinhaltete einen Auftritt von Wir sind Helden. Unvergessen, wie diese vier Menschen trotz Regen und Unwägbarkeiten die Bühne rockten – eine Erinnerung, die auch rund ein Jahrzehnt später für mich unvergessen bleibt. Ihre CDs habe ich allesamt verehrt, sei es die Musik, seien es die Texte – sie haben mich durch alles begleitet, waren in Dauerschleife in meinem ersten Auto zu hören, haben Lieben und Trennungen begleitet und man kann wohl sagen, dass ich ein wenig mit den Helden erwachsen geworden bin.       20160103_194135

Vor Jahren habe ich mit Freude ihren Tourbericht gelesen und als sich die Band auflöste war ich zwar traurig, gleichzeitig aber auch dankbar dafür, dass ich solange in den Genuß kam – schließlich hatte ich noch immer die CDs und immensen Respekt vor Künstlern, die sich auch trauen, irgendwann zu sagen: Das war schön! Macht es jut!

 

Man kann sich vorstellen, dass ich vor Freude juchzte, als ich entdeckte, dass es ein weiteres Buch geben würde, aus der Feder von Judith Holofernes. Sofort hatte ich es für eine Freundin als Geschenk bestellt und wartete auch selbst darauf. Wie das Leben manchmal so spielt und man jemanden kennt, der jemanden kennt, erreichte mich dann ein liebevoll signiertes Exemplar, was im Regal einen Ehrenplatz erhielt.

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Bevor ich diesen Leseeindruck schrieb, habe ich einige andere Rezensionen gelesen. Und darunter auch einige gefunden, die dem Buch eine ganz schön negative Breitseite verpassten. Jedem seine Meinung, es bleibt ja alles Geschmackssache. Und doch fragte ich mich: Haben diese Rezensenten das Buch verstanden?

Ich habe es mit Begeisterung gelesen, immer wieder herausgeholt. Hier wird mit Sprache gespielt und wenn ich mich dafür nicht begeistern könnte, wäre ich wohl kaum Buchhändlerin geworden. Schon zu Heldenzeiten haben mich die Texte begeistert, gerade die, die sich nicht sofort erschlossen, die meinen Gedanken die Chance gaben, sich auf verschlungene Pfade zu begeben. Die Gedichte von Judith Holofernes zergehen einem auf der Zunge. Lest sie laut vor, lest sie euren Kindern vor und euch selbst. Schmeckt die Worte, genießt das Wortspiel, den Spaß an kleinen Verrücktheiten und daran Sprache sinnlich zu erleben.

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Es ist ein Gedichtband, dessen Illustrationen von Vanessa Karré ebenfalls dazu einladen, sich in einem Gedankendschungel zu verlieren. Was haben einige Kritiker davon erwartet, dass sie sich so enttäuscht fühlten? Ich begreife dieses Buch als eigenwillige Kunst, denn so ist mein Gefühl beim Lesen. Ich verharre, ich spreche, zische, trillere die Verse. Ich verweile bei einem Gedicht länger als bei einem anderen, bin in einem Museum der Tiere unterwegs, welches mich herausfordert und zum Lachen bringt, wo jemand den Mut hat, sich auszudrücken und seine Kunst zu leben.

Was kann ich von einem Buch und der Kunst mehr wollen? Danke dafür!

Die beste Zeit unseres Lebens – Maeve Haran

Als ich als Buchhändlerinnenlehrling, als sogenannter “Stift” anfing, zählte Maeve Haran, auch aufgrund der Sortierung unserer Dorfbibliothek zu einer meiner Lieblingsautorinnen. Ihr neuer Roman widmet sich der Generation 60+. Das Cover führt ein wenig in die Irre, leicht-lockere Sommerlektüre ist es nicht, die uns hier erwartet, allerdings kommt Haran leider auch nicht ohne eine Menge Klischees aus. Nett zu lesen – ja. Richtig begeistert – leider nein. Aus manchen Lesephasen wächst man wohl doch irgendwann heraus…