Mit dem Litteraturtoget durch Norwegen – eine Pressereise (Teil I)

Von Beziehungen, der Kronprinzessin und der Schönheit Norwegens

Manchmal findet man eMails in seinem Posteingang vor, mit denen man SO ganz sicher nicht gerechnet hätte. Und nach deren Lektüre man sich dann erstmal kurz hinsetzen muss. Nach mehrmaligem Lesen war dann aber klar – die meinen das ernst! Das norwegische Königshaus, um genauer zu sein, die Kronprinzessin Mette-Marit lud mich ein, als ein Teil der deutschen Pressetruppe am Litteraturtoget 2018 teilzunehmen, der dieses Jahr an der Südküste Norwegens unterwegs sein würde. Organisiert wurde das ganze auf der deutschen Seite von der Agentur Literaturtest und auf der norwegischen Seite von Norla (Norwegian Literature Abroad).

Also, Koffer kaufen, mich über die Autorinnen und Autoren informieren, die wir treffen würden und hektisch recherchieren, ob ein Hofknicks von Nöten sei, wenn man auf die Kronprinzessin Mette-Marit trifft. Kleiner Spoiler vorab – die Norweger*innen sind da eher entspannt…

Norway, here I come! Auf Einladung von @norwegianliterature und des norwegischen Königshauses (!) werde ich vom 6-8 Juni mit dem Literaturzug der norwegischen Kronzprinzessin @crownprincessmm an der Südküste Norwegens unterwegs sein! Norwegen wird 2019 #GuestofHonour der @buchmesse sein und #herroyalhighness ist nicht nur selbst leidenschaftliche Leserin sondern auch die Botschafterin für diesen literarischen Anlass. Als die Einladung kam, musste ich mich erstmal kurz setzen…! Der Literaturzug (#litteraturtoget) ist eine wahnsinnig tolle Sache. Er hat ein eigenes Bibliotheksabteil (mit einem Regalfach nur mit den Lieblingsbüchern der Kronprinzessin) und auf dem Weg von Kristiansand nach Stavanger werden wir viele norwegische Autorinnen und Autoren kennenlernen (u.a. Monika Isakstuen). Außerdem gibt es an den Orten, wo der Zug hält weitere literarische Veranstaltungen bei denen auch die Kronprinzessin selbst anwesend sein wird. In Stavanger werden wir dann eine Bootstour auf dem Lysefjord unternehmen und an Bord ebenfalls auf Autorinnen und Autoren treffen. [Weiter in den Kommentaren] #pressereise???

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Eine persönliche Herausforderung hatte diese Reise auch in petto, denn wir hatten insgesamt vier Flüge zu absolvieren. Das ist für jemanden wie mich, der generell lieber festen Boden unter den Füßen hat und schon im Auto eine ängstliche Beifahrerin ist, kein ganz so leichtes Unterfangen. Eine ausgeprägte Flugangst ist es nicht, aber die Hand von Booktuberin Ilke neben mir zu wissen und drücken zu können, tat mir sehr gut. Irgendwann am späten Abend des 5ten Junis kamen wir müde aber unversehrt in Kristiansand an, der ersten Station des Literaturzugs.

Am ersten Morgen wollte ich unbedingt die Zeit nutzen, bevor es in den Zug ging und machte mich zu einer Wanderung auf die Halbinsel Odderøya auf. In der morgendlichen Stille verliebte ich mich Knall auf Fall in die norwegische Landschaft: wunderschöne Natur, Ruhe und nicht zuletzt – das Meer! Und kontrastreich: denn zwischen all den Bäumen und dem Grün konnte man die Spuren der militärischen Vergangenheit dieses Ortes erkunden.

Um den Tag dann endgültig perfekt zu starten, ging es mit unseren Gastgeberinnen von Norla an den Strand von Kristiansand, für einen kurzen Morgensprung ins Meer – wir waren nun also bestens gerüstet für einen aufregenden Tag in Norwegen!

Kick-Off des “Buchfestivals auf Rädern

Zu Beginn ging es für uns an die ehemalige Schule von Mette-Marit. Wir schauten uns verdutzt um – dafür, dass hier gleich royaler Besuch erwartet wurde, gab es erstaunlich wenig Security-Aufgebot – ausgesprochen sympathisch und bodenständig. Mit am schönsten war dann das folgende Willkommenskomitee dieser sechs Jungs hier…

Die etwas andere Art des Willkommensbanners – MARIT auf Bäuchen!

Mette-Marit eröffnete diesen Termin mit der launigen Bemerkung, dass “wer Königin werden will, auf diese Schule gehen müsse“. Der Schuldirektor überreichte Mette-Marit dann nochmals ihr altes Schulzeugnis, auf das sie “stolz sein sollte“.

Für den Literaturzug ist 2018 ein Jubiläumsjahr, denn in diesem Jahr fährt der Zug, dessen Schwerpunkt die Begegnung und das Gespräch mit Autorinnen und Autoren ist, bereits zum fünften Mal durch Norwegen, jedesmal übrigens mit einem anderen Oberthema. Dazu sagte Mette-Marit:

“Alle brauchen Liebe und Liebe kann man überall finden […] man darf nie vergessen, dass wir uns selbst definieren in Beziehungen mit anderen Menschen, weshalb das diesjährige Thema Beziehungen ist.”

Man merkte ihr von Anfang an an, dass sie selbst eine passionierte Leserin ist, sie gab zu bedenken dass “wer liest, viele Dinge über sich selbst und über andere lerne” . Sie glaubt, dass es “ein Buch für jeden gibt” und “das Wichtigste sei, dass man überhaupt liest und dass es einen im Herzen treffe“.

Bei solchen Sätzen schlug mein Leserinnenherz und mein Buchhändlerinnenherz gleich einen Takt schneller und ich möchte am liebsten zig Ausrufezeichen hinter diese Aussagen malen.

Ich bedauerte es sehr, kein Norwegisch zu können, denn so gab es keine Chance für mich, den Schreibworkshop von Tiril Broch Aakre zu verfolgen, der für die 9ten Klassen im Anschluss stattfand – sehr schade, denn ich hätte gerne Mäuschen gespielt.

Bevor es für die anwesenden Schülerinnen und Schüler ans Schreiben ging, hatte Mette-Marit noch eine Überraschung mitgebracht und zog aus einer von ihr selbstgebauten Holzkiste, die ihre Mutter (die bei dieser Reise auch mit von der Partie war) für sie aufgehoben hatte, ein altes Deutschheft hervor. Selbstironisch bemerkte sie, dass man in dieser Kiste “kein Gold fände” und las zur großen Erheiterung des Publikums einen Aufsatz mit dem Titel “Ein normaler Tag für Mette-Marit” vor. Spoiler – es passierte nicht viel in diesem Aufsatz (besonders schön der Satz über sie und ihre Freunde “Alle waren müde“), weshalb die Kronprinzessin scherzhaft kommentierte, diese Geschichte hätte auch Jon Fosse geschrieben haben können.

Dass wir die Rede der Kronprinzessin wiedergeben können, verdanken wir Norla, in diesem Fall speziell Ellen. Sie hielt jede Veranstaltung schriftlich für uns fest und versorgte uns danach mit einer Übersetzung – in diesem Falle in einem wunderbaren Restaurant direkt am Hafen, bei dem wir sehr lecker speisten, die Aussicht genossen und fleißig mitschrieben.

Halldór Gudmundsson (der übrigens verantwortlich war für den großartigen Gastlandauftritt Islands auf der Frankfurter Buchmesse 2011 und für NORLA als Projektleiter für den norwegischen Gastlandauftritts arbeitet) erzählte uns während des Essens, was sich eigentlich hinter den fünf Buchstaben NORLA verbirgt. Norwegian Literature abroad gibt es seit 1978 und seit 2004 haben sie über 4500 Übersetzungen norwegischer Bücher in über 65 Sprachen gefördert. Sie kümmern sich um die Repräsentation norwegischer Literatur und Autor*innen im Ausland, organisieren Seminare für Verleger*innen und Journalist*innen in Norwegen, kurz: sie kümmern sich darum, norwegische Literatur bekannter zu machen und zu verbreiten. In Vorbereitung auf die Frankfurter Buchmesse werden 2018/2019 ca. 200 Bücher aus dem Norwegischen ins Deutsche übersetzt werden.

Mit der Website booksfromnorway.com gibt Norla einen (englischsprachigen) spartenübergreifenden Einblick in den aktuellen norwegischen Buchmarkt. Halldór erklärt uns, dass es ihnen wichtig ist, Dinge zu schaffen, die auch über den Gastlandauftritt hinaus bleiben und Wirkung zeigen. Dem Norla-Team stellt sich oft die Frage: Was können wir machen? Wie können wir noch weiter denken?

Ellen, Sunniva und Halldór von NORLA haben mir übrigens versprochen, dass sie mir noch einige besondere Tipps für norwegische Titel, die 2018/2019 auf Deutsch erscheinen werden, für die Leserinnen und Leser des Blogs zukommen lassen werden. Ihr könnt euch also schon auf einen Blogbeitrag mit Tipps freuen!

 

Auf zum Litteraturtoget!

Endlich angekommen!
Ilke von Buchgeschichten bei der Arbeit
Wir betreten zum ersten Mal das Bibliotheksabteil des Litteraturtoget

Books on board! Was tun mit der Zeit im Zug, wenn man viel reist? Na klar – Lesen!

 

Die Kronprinzessin fährt gerne Zug und liest mit Vergnügen – eine Idee war geboren! Der königliche Palast plante den Literaturzug zusammen mit der NSB, der großen norwegischen Eisenbahn. Denn es gab zu Anfang natürlich viele Fragen, erzählte uns Herr Nilsen von der NSB im Verlaufe unserer Fahrt. Wie bekommt man eine Bibliothek in einen Zug? Wie kann die Tour so verlaufen, dass der normale Zugverkehr dadurch nicht in seinen Abläufen gestört wird? Der Litteraturtoget fährt jedes Jahr auf einer anderen Route. Wichtiges Kriterium bei der Auswahl der Haltestellen – das Vorhandensein einer öffentlichen Bibliothek, in der die Veranstaltungen stattfinden können!

Unser erster Halt fand in Marnadal statt, wo wir von einem ganzen Meer norwegischer Fähnchen begeistert empfangen wurden. Es wurde gesungen (die Kronprinzessin war sichtlich gerührt…) und im Anschluss sprach sie mit den anwesenden Kindern über ihre Lieblingsbücher und erzählte davon, wie gerne sie selbst schon als Kind las. Danach ist das Bibliotheksabteil des Zuges zum Stöbern und Schauen für alle geöffnet und die Anwesenden machen regen Gebrauch von dieser Möglichkeit.

Weiter nach Mandal!

Dieses Städtchen zeigte sich von seiner besten Seite – man hätte die Stadtansichten 1:1 für eine Werbeanzeige alá “Besuchen Sie das schöne Norwegen” verwenden können. Einige von uns nutzten die kurze Pause um Dag Solstad zu interviewen, der später in der hiesigen Bibliothek zum Gespräch eingeladen war (dazu bald mehr bei Buchgeschichten). Wir anderen ließen die vielen Eindrücke bei Pizza sacken und tauschten uns intensiv aus. Überhaupt muss man an dieser Stelle erwähnen, ist unsere kleine Presse-Truppe mittlerweile zu einer eingeschworenen Gruppe zusammengewachsen, bei der es einiges zu lachen gab – die Chemie stimmte!

Nach der Veranstaltung mit Dag Solstad und Alf van der Hagen saßen wir am Wasser vor der Bibliothek und blinzelten in die Abendsonne. Eigentlich sollten wir schon auf der fast zweistündigen Bustour zum nächsten Halt des Litteraturtoget sein, aber unverhofft ergab sich recht spontan eine kurze Interview-Gelegenheit mit der Kronprinzessin für unsere deutsche Pressetruppe. Meine Gedanken dazu hielt ich in diesem Instagram-Post fest.

Und dann kommt Kronprinzessin Mette-Marit nach der Veranstaltung zu einem Pressetermin mit uns. Und während die anderen Fragen stellen, aufzeichnen und filmen, stehe ich einfach da. Schreibe nicht mit, schaffe es gerade mal ein paar Bilder zu machen. Weil ich so bewegt bin, von dem, was die Kronprinzessin uns erzählt. Weil da eine Frau mit Leidenschaft über das was sie liebt, spricht. Was Literatur für sie bedeutet und warum es ihr ein echtes Herzensanliegen ist, über diese Liebe zu Büchern zu sprechen. Norwegen kann sich glücklich schätzen, solch eine engagierte Botschafterin für das Lesen zu haben. Als sie sagt, dass es sie glücklich macht, dass es auf dieser Reise ein Teil ihres Jobs ist über Bücher zu sprechen, die sie liebt, strahlt sie. Und auch, wenn unsere Leben unterschiedlicher nicht sein könnten – diesen Satz kann ich für mich genauso vollen Herzens unterschreiben. #pressereise #norwegianliteratureabroad #norwegen2019

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Müde, aber das Herz vollgestopft mit Eindrücken machten wir uns mit dem Bus auf den Weg nach Egersund und freuen uns auf den zweiten Tag im Litteraturtoget…

to be continued…

*Diese Pressereise wurde organisiert und durchgeführt von Norla, Literaturtest und dem norwegischen Königshaus *

 

 

5 thoughts on “Mit dem Litteraturtoget durch Norwegen – eine Pressereise (Teil I)”

  1. Hach, was ein toller Beitrag.
    Man sieht an den Bildern und der Beschreibung, welch großartige Reise mit soviel tollem Input das gewesen sein muss.
    Freue mich schon auf weitere Berichte und natürlich auf die FBM mit Gastland Norwegen!
    Lieben Gruß
    Isabel

  2. Hallo Sarah,

    was für ein toller Bericht, der uns wahrhaftig hat daran teilhaben lassen. Also von so berühmter Seite eingeladen zu werden und diesen, anscheinend inspirierenden Menschen, persönlich kennen lernen zu dürfen, stelle ich mir sehr aufregend vor.

    Ganz liebe Grüße und in Erwartung auf Teil 2 des Literaturzuges.

  3. Aufregend war es auf JEDEN Fall! Und wirklich eine einmalige Erfahrung…

    Lieben Dank für deinen Kommentar!

    Teil Zwei folgt hoffentlich heute noch =)

  4. …und ich glaube, das ist ein Gastland, auf das man sich wirklich sehr freuen kann – es gibt noch soviel zu entdecken…!

    Und der Input reicht wirklich weit über die Reise hinweg – wunderbar!

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