Seit Jahren begegnet mir immer mal wieder dieser Hashtag: #NaNoWriMo. Dass es etwas mit Schreiben zu tun hat, war mir dunkel in Erinnerung, aber mehr auch nicht. Dieses Jahr habe ich mir das kurz vor dem 1. November näher angeschaut. Und in mir begann es zu arbeiten. Ich bin jemand, der mit Deadlines und Zielvorgaben sehr gut zurechtkommt. Wenn ich sage, ach ich mache regelmäßig Sport – Fail, das wird nichts. Gib mir aber einen Yoga-Monat mit Kalender zum Kreuzchen machen oder eine bestimmte Zielvorgabe und ich bin viel zu ehrgeizig, um mich da nicht irgendwie durchzubeissen.
NaNoWriMo also. Das ganze steht für National Novel Writing Month (mehr Infos gibt es hier: nanowrimo.org) Das Ziel ist es NICHT, innerhalb eines Monats einen perfekten und überarbeiteten Roman fertig zu haben, sondern zum einen täglich zu schreiben, komme, was da wolle. Und zum anderen, dranzubleiben, eine Geschichte zu entwickeln und sich nicht in Überarbeitung und Recherche zu verlieren, etwas, was nur allzuleicht passiert und einen total blockieren kann. Wer selbst schreibt weiss, dass die Stimmen im Kopf einen aufhalten können, die während des Schreibens beständig sagen: Das klingt nicht gut, Du kannst das nicht, Wen interessiert das überhaupt? Das beiseite zu schieben und überhaupt erstmal etwas zu Papier zu bringen, dabei soll der NaNo helfen.
Die Zielvorgabe sind 50.000 Wörter, wer mag auch gerne mehr. Dieses Ziel soll man innerhalb von 30 Tagen erreichen, wer also 1667 Wörter am Tag schreibt, schafft es genau in dieser Zeit. 1667 Wörter? Klingt doch machbar, so überlegte mein Hirn hin und her. Viele bereiten sich schon lange im Voraus vor, sie “plotten“. Das erscheint mir generell auch die erfolgsversprechendste Variante zu sein, wer ungefähr weiss, was wann passieren wird, kann sich gut an diesen Eckpunkten beim Schreiben orientieren.
Ich hatte nur eine Idee, eine Idee, die seit Monaten in meinem Notizbuch steht. Ich habe dann beschlossen: Ich mach das.
No Risk, no fun – hab mich für den #NaNoWriMo angemeldet. Schwanke zwischen Vorfreude und “Biste bekloppt Meedchen?!”
— pinkfisch (@pinkfisch) 29. Oktober 2015
Mir war leicht schwummerig zumute. Ich war kein bißchen vorbereitet und wusste wirklich nur ganz grob, was mein Protagonist tut und was ihn umtreibt. Immerhin: ich hatte einen Schreib-PC, eine kleine, leichte Kiste, die ich dann auch den Monat mit mir herumgeschleppt habe und ich hatte Scrivener. Scrivener ist ein Schreibprogramm. Ich denke, damit ist es wie mit dem Thermomix. Man MUSS es nicht haben, das geht auch alles mit dem normalen Equipment. Aber diejenigen, die es benutzen, schwören darauf. Ich auch – die Möglichkeiten haben mir gefallen, die Aufteilungen, die Übersichtlichkeit und einstellbaren Projektziele, das hat mich motiviert. Und ich habe sicherlich noch lange nicht alle Funktionen voll ausgereizt. Für mich also definitiv ein JA zu Scrivener.
Zum Glück hat mir am 1. November der Herr Urbach die nötige Unterrichtsstunde gegeben, was mir passieren wird auf dem Weg, was so auf mich wartet, wenn ich schreibe. Er hat meine Geschichte durchlöchert um sie danach wieder mit mir zusammenzusetzen, ohne ihn wäre ich wahrscheinlich nach 10.000 Wörtern steckengeblieben. Wir saßen fünf Stunden in einem Café, danach rauchte mir der Kopf, ich schwankte zwischen Schnapsidee und Wow, ich will das. Das war für mich ein Kickstart und zu wissen, da ist jetzt jemand, der Dir das zutraut – priceless.
Also habe ich geschrieben. Ich bin an meinem sehr löcherigen Plot verzweifelt, ich habe meinen Mann und meinen besten Freund vollgequatscht mit Dingen, die einfach nicht funktionieren. Ich bin spät nach Hause gekommen, aber wenigstens 100, 200, 500 Wörter sollten es noch werden. Zwischen gefühlten 20 Terminen im November, Haushalt, Kind und dem fordernden Job habe ich mir dennoch immer Zeit zum Schreiben freigeschaufelt. Meine Familie hat deutlich weniger von mir gehabt aber – offensichtlich war klar, wie wichtig mir das ist, denn selbst mein 5jähriger Sohn sagte – Mama, Du musst schreiben, ich geh spielen. Ich habe kaum gelesen, vom Bloggen fange ich garnicht erst an. Mein Freundeskreis hat mein Vorhaben mitbekommen, hat mich angefeuert, mich unterstützt und vorallem – sie haben einfach allesamt daran geglaubt, dass ich das schaffen kann! Selbst wenn ich spät am Abend noch verzweifelte Whatsapp verschickt habe, dass ich das doch einfach nicht schaffen kann, dass mir nichts mehr einfällt, dass es nichts wird – es wurde bedingungslos geglaubt – daran, dass das etwas ist, was ich kann. Für mich ist das allein eine der wichtigsten Erfahrungen des Nanowrimo. Wie wichtig es ist, dass Du Dir Unterstützung holst. Stolz darauf bist, was Du tust und darüber sprichst, statt zu zweifeln.
Es war hart. An manchen Tagen habe ich das Tagessoll mit Müh und Not erreicht, an anderen nicht und bin dafür am Wochenende in Schreibklausur gegangen. Ich habe unfassbar viel gelernt. Über mich. Darüber, dass Protagonisten ab und an wirklich machen, was sie wollen. Darüber, was funktioniert und was nicht, dass Du Dich manchmal an einem schlechten Tag einfach durchbeißen musst, einfach anfangen musst, obwohl dein Kopf wie leergefegt ist. Und dass da manchmal, zwischen all den Sätzen, die Du niemandem zeigen würdest, etwas zu glänzen beginnt. Ich habe mit Learning by Doing gelernt, was zu einer guten Geschichte gehört, habe meine Ausdauer trainiert, bin drangeblieben, allen Widrigkeiten zum Trotz. Mein Mantra war die meiste Zeit “You can’t edit a blank page“. Ich bin nicht sicher, ob dieses Projekt je das Licht der Welt erblicken wird, im momentanen Zustand ist es noch ausgesprochen “roh”. Aber es liegt in meiner Schublade und es macht mich stolz. Wieviele sagen, ich will schreiben. Ich könnte ja mal. Später mal. Später, das war für mich JETZT. Und dafür war der Nano genau das Richtige, auch mit seiner großen Community. Man ist nicht alleine in dieser verrückten Geschichte und WordWars, ein täglicher Newsletter von Annika Bühnemann und die diversen Gruppen und Twitter-Writer waren ein toller Rundumsupport. Dieser Monat hat mir gezeigt, dass ich kann, wenn ich will und ich bin immer noch ein wenig erstaunt, dass es wirklich geschafft ist. Der NaNoWriMo ist ein guter Einstieg, denn dass ich noch viel zu lernen habe, das ist ganz klar. Gerade wenn man viel liest, hat man hohe Ansprüche an einen Text, etwas, was das eigene Schreiben schnell lähmen kann. Der Nano durchbricht diese Blockaden sehr effektiv, soviel kann ich sagen
Als ich dann heute die letzten Szenen schrieb, die letzten 2000 Wörter haben mich wirklich fast den ganzen Tag gekostet, da wurde ich ganz ruhig. Vor einem Monat erschienen 50.000 Wörter noch unfassbar viel. Und nun? Nun hatte ich es geschafft. Der letzte Satz war geschrieben, der letzte Punkt gesetzt.
Ich war so neben der Spur, dass ich danach erstmal zwei Stunden in der Küche verschwunden bin, Kuchen und Plätzchen backen, Kontrastprogramm zum Schreiben Ich freue mich auch darauf, jetzt wieder mehr Lesezeit zu haben. Und gleichzeitig will ich weiterschreiben. Noch soviel mehr, was zu sagen, zu schreiben, zu berichten wäre.
Für das Jahr 2015 kann ich also stolz sagen: I did the #NaNoWriMo – and i won!
Wow, Süße, das haut mich wirklich um! Und nach den 50.000 Wörtern noch dieser Text, der mich teilhaben ließ an dem, was Du getan hast. Mir hat es den Atem verschlagen.
Sag Jonathan viele, liebe Grüße, das hat er toll gemacht, einfach spielen zu gehen, um Dir den Raum zu lassen. Tolles Kind, toller Mann.
Tolle Sarah!
Ich freu mich aufs Buch.