Sechs Fragen zu “Schau mich an, wenn ich mit dir rede” von Monika Helfer

Eine Autorin, ein Buch, zwei Frauen, sechs Fragen,zwei Meinungen.

Österreich ist weit weg, zu schade, denn sonst hätten Mareike und ich uns sicherlich auf ein leckeres Stück Kuchen getroffen, beide mit dem Longlist-Roman in der Hand und hätten engagiert debattiert, welche Aspekte den Roman für uns haben herausstechen beziehungsweise haben durchfallen lassen. So behalfen wir uns mit sechs Fragen – die Antworten hätten wohl nicht unterschiedlicher ausfallen können!

Vorhang auf!

“Weshalb wolltest Du diesen Longlist-Titel lesen”?

Sarah: Mich hat die Kurzbeschreibung angesprochen. Oftmals spielen sich in den Alltäglichkeiten von Familien die wirklichen Dramen ab, das ist eine Thematik, die mich in der Literatur oft anspricht. Ich wurde beim Lesen auch nicht enttäuscht – dieser genaue Blick auf das Alltägliche und das Ringen um die eigenen Bedürfnisse gefiel mir. Und gerade die Anfangsszene war für mich ein kleiner Paukenschlag.

Mareike: Weil er von einer Frau geschrieben wurde.

“Ein Buch für…?”

Sarah: Alle, deren Leben anders verläuft, als sie es mal geplant hatten.

Mareike: Intellektuelle und alle, die sich gern an Fiktion erhöhen, um denken zu können: Ich lebe nicht so. Ich hab es besser.

“Würdest du das Buch verschenken?”

Sarah: Es ist kein leichter Titel zum Verschenken, nichts zum Weglesen oder mit großem Spannungsbogen. Daher, sicherlich nur an einen relativ ausgesuchten Personenkreis.

Mareike: Nein. Zum einen liegt mir nichts an diesem Roman, zum anderen bin ich ja nur von Menschen umgeben, die nicht lesen. Und schon gar nicht ein Buch von diesem Kaliber.

“Was hat Dich nicht überzeugt?”

Sarah: Eine Figur im Buch fast “zu gut um wahr zu sein” und wirkte dabei häufig wie eine Karikatur. Aber irgendwie bekam er doch meist die Kurve.

Mareike: Wenn man in einem Roman den Alltag abbildet, muss es, damit er für mich lesenswert wird, etwas Einzigartiges geben, und sei es nur etwas Kleines: die Sprache, zum Beispiel. Oder ein kurioses Detail, das ebendiesen Alltag interessant macht. Es braucht etwas, das mich dazu bringt, mir die Mühe zu machen. Das hat mir gefehlt. Ich dachte: Aha, ja, mei, so ist es halt. Manche leben so. Why the fuck should I care? Das begann schon mit dieser seltsamen Distanz am Anfang, der Fiktion in der Fiktion: Ich hab da diese Leute gesehen, was könnten die für eine Geschichte haben? Dadurch wirkte alles auf mich so ausgedacht, ohne Fleisch und Blut. Ich konnte keine Beziehung zu den Figuren aufbauen, nicht einmal zu Vev, die ja als Scheidungskind etwas in mir hätte anrühren können. Der Ton hätte außerdem rotziger sein dürfen, österreichischer, sarkastischer und pointierter.

“Wie würdest Du den Roman in einem Satz beschreiben?”

Sarah: Ein Roman über den Clash verschiedener Lebensentwürfe und den Versuchen, Familie und Liebe zu leben, wenn alle Parteien ihre ganz eigenen Vorstellungen über das Zusammenleben, Erziehung und Beziehungen versuchen durchzusetzen.

Mareike: Ein erstaunlich humorloses Buch über den Alltag einer Patchwork-Familie mit einer drogenabhängigen Mutter in Wien.

“Wie stehen die Chancen für die Shortlist?”

Sarah: Mittelmäßig. Für mich sticht Helfer positiv heraus, ein gut lesbarer Roman, der mich angesprochen hat, in seiner klaren Einfachheit. Kann er sich mit den anderen messen? Die Chance besteht.

Mareike: In meinen Augen nicht gut, ich sehe an dem Buch nichts Herausragendes.

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Herzlichen Dank an Mareike für den länderübergreifenden Austausch!

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